Eine Rezension zum Buch von Jens Jacob Eschels


Jens Jacob Eschels (1757-1842)  Foto: Wikipedia
Jens Jacob Eschels (1757-1842) Foto: Wikipedia

Vor einiger Zeit wurde mir von einem Fotofreund aus Norddeutschland ein Buch vorgestellt und empfohlen. Kurzum habe ich die Taschenbuch-Ausgabe „Lebensbeschreibung des Seemannes Jans Jacob Eschels" bestellt und zwischenzeitlich mit großem Interesse und Genuss gelesen.

Es handelt vom Leben des Jens Jacob Eschels, der im Dezember 1757 auf der Insel Föhr als Sohn eines Seemannes geboren wurde. Die Familie war arm und verschuldet und so heuerte Jens bereits mit elf Jahren als Schiffsjunge  auf einem Amsterdamer Walfänger-Schiff an. Er überlebte in den darauffolgenden Jahren viele Gefahren und seine Wissbegier brachte den ehrgeizigen jungen Mann in die Lage, das Handwerk eines Steuermannes zu erlernen. Günstige Umstände führten irgendwann dazu, dass ihm ein Handelsschiff anvertraut wurde, welches er als Kapitän sicher in den Heimathafen zurück führte. In der Folgezeit führten ihn viele gefahrvolle Reisen über den Ozean, sogar bis Westindien. Günstiger Wind und sein Geschick, aber auch Glück  machten ihn zu einem wohlhabenden Mann. Mit 41 Jahren wurde er in Hamburg Altona sesshaft und arbeitete als Tabakfabrikant, Kaufmann, Reeder und Sachverständiger in Seemannsfragen. Sein Schicksal, die Höhen und Tiefen in seinem ungewöhnlichen Leben, schrieb er für seine Familie auf. Es wurde eine umfangreiche Autobiographie, die er später auf eigene Kosten für seine Familie drucken ließ.

Auch für eine Landratte wie mich ist das nun vorliegende Buch eine lesenswerte Lebensbeschreibung, auch wenn Eschels eigene und in seiner Zeit gebräuchliche Ausdrucks- und Schreibweise gewöhnungsbedürftig für den heutigen Leser ist. Er bemüht dazu seemännische Fachbegriffe, deren Sinnhaftigkeit für mich nicht nachvollziehbar ist. Dennoch hat mich das Buch fasziniert, weil der Verfasser zweifelsohne  ein faszinierender Mensch gewesen ist.

Mich interessieren schon immer Lebensgeschichten, das bewegte Leben von Menschen, die in einer anderen Zeit gelebt und die in dieser ihr Schicksal gemeistert haben. Man kann von ihnen lernen, denn manchmal braucht man den Vergleich um seinen eigenen Standpunkt im Leben bestätigt bzw. Hinweise zum Einjustieren zu bekommen.


Dieses Buch öffnet uns den Blick auf eine andere Zeit, in der die Menschen ihre Lebenssituation anders gewichteten wie wir das heute tun.
Wenn man die Erinnerungen des Jens Jacob Eschels mit den eigenen vergleicht, dann wird doch bewusst, wie abstrakt doch heute vieles erscheint, fern ab von dem was Leben eigentlich bedeutet:
Leben bedeutet nicht Sicherheit sondern ein ständiger, natürlicher Kampf ums Überleben. Unsere Moderne hat sich doch reichlich entfernt von dem Bewusstsein, wie vergänglich, wie unberechenbar unsere Lebensweise tatsächlich ist und wir wähnen uns in Sicherheit und eingebettet in eine Welt, die scheinbar alles – auch ohne unser Zutun – regelt.
Es ist unser Denken im frühen 21. Jahrhundert im mittleren Europa, das Denken von Generationen, die keinen Krieg und nur Wohlstand kennen. Das ist gut so, aber wir müssen uns dessen aber bewusst sein, dass wir in dieser Hinsicht eine Sonderstellung genießen, die eine Überzahl von Menschen auf diesem Erdball „jetzt und in dieser Stunde" nicht so erleben.
Und gerade das ist es, was mich an diesem Buch berührt. Eschels hält uns den Spiegel hin und zeigt uns – wenn auch von seiner damaligen Warte unbewusst - durch seine Lebensbeschreibung wie hart und entbehrungsreich Leben sein kann und dennoch im Nachklang als „erfolgreich" betrachtet werden muss.
Aus dem Buch wird erkennbar, wie schwierig und wie so ganz anders das Leben der Menschen, und nicht nur auf See, früher war. Eschels kannte nach seiner Aussage keine Furcht, kannte aber die Stärke des Glaubens und sah in vielen schwierigen Lebenssituationen die Mithilfe und die Vorsehung Gottes. Vielleicht hat ihm sein Glaube diese Furchtlosigkeit erst ermöglicht. Vielleicht mutet das aus heutiger Sicht naiv. Doch er war offensichtlich ein kluger, gescheiter Mensch und wenn man seinen Aufzeichnungen Glauben schenken kann, hat sein moralischer Anspruch an sich selbst ihm eine Sicherheit gegeben, die ihn schon früh geprägt und vor Unheil oder fehlerhaftem Verhalten bewahrt hat. Und er verbreitet in seiner Lebensbeschreibung Ansichten, die für die heutige Zeit manchem Menschen zu Eigen sein sollte. Dazu zählt seine Akzeptanz von Andersdenkenden, von Andersgläubigen, Andersfarbigen. Und er akzeptierte die ihm vom Leben gestellten Prüfungen, so wie der frühzeitige Tod geliebter Menschen. In der heutigen Zeit zerbrechen Menschen an solchen Schicksalen.

Ich will abkürzen:
Dieses Buch hat mich zurückversetzt in eine vergangene Zeit, die nicht irgendwo auf einem fremden Stern ge- und erlebt wurde. Es war die blanke Realität. Es ist eine Offenbarung, wenn man bereit ist, sich in die Person des Eschels hineinzudenken, hineinzuversetzen. Es hat sich für mich gelohnt es zu lesen und ich werde es gerne weiterempfehlen. Deshalb hier noch einmal meinen Dank an den Fotofreund aus dem Norden für eine Buchempfehlung, von der ich profitieren konnte.

 

wf

 

  • Taschenbuch: 408 Seiten
  • Verlag: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft
  • ISBN-10: 3898767132
  • ISBN-13: 978-3898767132