Die "Dorpschäpper" in Sallinghausen


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(C) Wilhelm Feldmann

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Einer der ältesten Berufe, Jahrtausende alt, ist der der Hirten. Im Sauerland waren hauptsächlich die Schäfer, also die Schafhirten, ansässig. Aber auch Kuh- und Ziegenhirten hüteten zur Weidezeit an manchen Orten die ihnen anvertrauten Tiere. 

 

Bereits in frühester Zeit war in Sallinghausen ein Dorfschäfer ansässig. Den ersten Hinweis darauf gibt die Steuerschatzung aus dem Jahr 1536. Es werden sechs Steuerpflichtige im Dorf genannt: Henrich Matthewiß sampt dem Vatter = 3 GG (Goldgulden), Thoniß Norick = ¾ GG, Gort Mulner = 1 GG, Diederich Gockell = ¾ GG, Diederich Schoulth = 3 GG und der Dorpschepper. Dieser zahlte ½ Goldgulden, eine verhältnismäßig hohe Abgabe zu den anderen, die sämtlich im Besitz von Grundeigentum waren.  

 

Die Schafhaltung auf den Höfen im Dorf war zu gering, als dass die Bauern einen eigenen Schäfer beschäftigen konnten. So wurde ein Schäfer gemeinsam beauftragt, die Schafe der Beteiligten zu hüten. Daneben hielt der Dorfschäfer i.d.R. seine eigenen Tiere, die gemeinsam mit den anderen Tieren von ihm betreut wurden. Das beweist eine Viehzählung aus dem Jahre 1760, zeigt aber auch, dass der jeweilige Schafbestand des Hofes oft im Verhältnis zur Anzahl der Kühe bestand: 

Halter:

Schafe:

Rindvieh:

Schweine:

Geißen:

Schoulth (Schulte)

40

15

2

1

Matthwiß (Mathweis)

36

14

8

1

Gockell (Baust)

9

5

3

1

Norik (Nurk)

7

5

2

1

Mulner (Müller)

1

2

4

2

Dorpschäpper

40

 

 

 


Schon im Jahr 1592 bestand eine Gemeinschaftsmark, an deren Bewirtschaftung Berechtigte von Eslohe, Niedereslohe, Sieperting und Sallinghausen beteiligt waren. Sie hatten eine Markenordnung beschlossen, die von jedem Beteiligten streng eingehalten und die von einem Markenvorsteher oder Holzrichter, dem Scharleute zur Seite standen, überwacht und bei Verstößen geahndet wurde. Dazu gehörte auch das Beweiden der gemeinschaftlichen Flächen durch den Dorfschäfer. Die Markenordnung von 1688 verfügte, dass der Schäfer keine Ziegen in seiner Herde dulden durfte. Wenn dieser das dennoch täte, würde er mit drei Mark Strafe belegt. Unterzeichnet hatte dies der Markenvorsteher Johan Schulten zu Sallinghausen (01). 


Die Arbeit des Schäfers

Ein Wanderschäfer aus Huxel mit seiner Schafherde
Ein Wanderschäfer aus Huxel mit seiner Schafherde

Im Winter blieb das Rindvieh im schützenden Stall. Aber auch Ziegen und Schafe überwinterten dort, sodass der Mist mehrere Monate unter den Tieren liegenblieb. Gefüttert wurde mit einer Raufe, in der Heu oder Stroh verteilt wurden. Als Einstreu wurde Heideplaggen, aber auch oft Getreidestroh genommen, da handgedroschen noch etliche Körner für die Schafe da waren. 

Und im Frühjahr zog der Schäfer frühestmöglich heraus, da das Futter allmählig knapp wurde. Dann begann i.d.R. die Lammzeit. Die Lämmer wurden in freier Natur geboren. Es war eine Zeit, in der ein Schäfer besonders große Aufmerksamkeit seiner Herde widmen und oft Geburtshilfe leisten musste. Der Dorfschäfer hatte im Besonderen darauf zu achten, welche Lämmer zu welchen Muttertieren gehören. Sie wurden markiert, damit sie dem jeweiligen Eigentümer zugeteilt werden konnten.

Wurden die Tiere vorerst noch des Abends vor Sonnenuntergang zurück ins Dorf zu ihren Stallungen geführt, so blieb i.d.R. ab Anfang Mai die gesamte Herde draußen. Sie wurde in den Abendstunden in einem Pferch zusammengetrieben. Das Zusammenhalten der Herde während der Nacht oder bei Unwettern wurde so erleichtert. Der Pferch diente in Maßen auch zum Schutz vor Beutegreifern. Auch das Melken, die Klauenpflege oder Behandlung von Wunden waren dem Schäfer so leichter möglich. Am nächsten Tag wurde der Pferch versetzt, da der Kot der Tiere in einer Zeit, wo der Kunstdünger noch nicht erfunden, ein unersetzliches Düngemittel war.  

Oft lebte der Schäfer in einer Schäferkarre, die er mit sich zog. Auf einem Wagengestell war ein Häuschen aufgebaut mit spitzen und mit Zinkblech verkleideten Bretterdach. Sein Hütehund hatte unter der Karre seinen Platz in einem mit Stroh ausgelegten Korb. 

Die jährliche Schafschur war eine kräftezehrende Gemeinschaftsaktion, an denen sich auch andere Schäfer und die Bauern im Dorf beteiligten. 


Was kann heute von den Schafhirten im Dorf berichtet werden?

 

Hinweise auf Schafhirten im Dorf sind selten. Dennoch kann der Chronist auf Eintragungen in Kirchenbüchern und alte Schriften zurückgreifen, um auch namentlich die Geschichte einiger Schäfer im Dorf nachzuweisen. Dabei wird kaum erkennbar, wie gut die Schäferfamilien in die Dorfgemeinschaft integriert waren. Aus der Historie war das Ansehen der Schäfer zwiegespalten, da ihr Beruf als „unehrlich“ galt. Auch bedingt durch seine einsame Tätigkeit war dem Schäfer eine Außenseiterrolle in der Dorfgemeinschaft beschieden. Dennoch war er für diese eine beliebte Nachrichtenquelle, und nicht selten wurden auch seine Heilkünste beansprucht. Die selbständige Arbeit des Schäfers hatte sicher auch oft zur Folge, dass er etwas „in seine eigene Tasche wirtschaftete“. Seine eigenen Schafe, erkennbar durch ungekerbte Ohren, waren oft die wohlgenährten und kräftigsten Tiere und Verluste durch Krankheit o.ä. betrafen nur höchst selten sein Eigentum. 

 


Der Schafhirte Georg Böhmer starb 1772 in Sallinghausen

 

Georg (oder: Jürgen) Böhmer ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Schäfer früher kaum sesshaft waren. Sie boten ihre Dienste denen an, die ihr Können und Wissen benötigten, eben das Hüten und Betreuen einer Schafherde. Schließlich war der Schäfer ein echter Beruf, dem ein mehrjähriger Dienst als Schäferjunge und Schäferknecht voranging. Die Hirten waren in der Regel „frei“, d.h. nicht leibeigen und häufig wechselten sie ihren Arbeitsplatz und Dienstherren. 

 

Dass Georg Böhmer in seinem Leben viel herumgekommen war und dadurch manche Kontakte knüpfte, offenbart sein Testament. Ebenso wird erkennbar, dass er nicht unvermögend war. Die Stelle als Dorfschäfer in Sallinghausen war danach seine letzte. Etwas aus seinem Leben können wir heute aus den Kirchenbüchern der Pfarreien St. Cyriacus zu Berghausen und St. Peter und Paul zu Eslohe erfahren: 

Georg Böhmer war Schäfer in Arpe und heiratete in Berghausen die Catharina Adams, die vermutlich aus Bremke stammte. Sie starb jedoch bereits am 19.01.1744. Aus dieser Ehe entstammte dennoch ein Sohn: Johann Heinrich Böhmer wurde am 20.04.1740 in Arpe geboren, starb jedoch am 11.01.1754, kaum 14 Jahre alt. 

Schafherde in Sallinghausen bei Hochwasser im Februar 2003
Schafherde in Sallinghausen bei Hochwasser im Februar 2003

Nach dem Tod seiner ersten Frau ging Georg Böhmer am 14.04.1744 erneut die Ehe ein mit Anna Maria Sasse aus Arpe. Aus dieser Ehe gingen weitere Kinder hervor: Anna Catharina, geb. 06.03.1745, Johann Eberhard (Evert), geb. 14.11.1748 und Johann Friedrich (Fritze), geb. 21.09.1752. Diese Kinder wurden in Arpe geboren. Danach zog die Familie nach Frielinghausen, wo Georg Böhmer eine neue Stelle als Schäfer, vermutlich beim Bauern Wiese annahm (02). Hier ist dann auch das jüngste Kind der Eheleute geboren worden. Die Tochter Maria Catharina erblickte am 02.03.1756 das Licht der Welt.  

Als am 05.12.1763 die Mutter Anna Maria Böhmer, geb. Sasse, an einem bösartigen Fieber starb, befand sich die Familie noch in Frielinghausen. Wo es danach den Schäfer und seine Kinder geführt hat, ist nicht nachvollziehbar. Letztlich aber wurde Georg Böhmer in Sallinghausen die Stelle als Dorfschäfer angeboten, die er nachweislich annahm. 

 

Nun, mit 65 Jahren, erkrankte Georg Böhmer und spürte, dass er dem Tode nahe war. Er wollte seinen letzten Willen bekunden. Man ließ am 04.09.1772 den Esloher Pastor Philipp W. Enst an sein Totenbett kommen (03). Im Beisein der Nachbarn Ferdinand Baust und Tünnes Herman Maths (Mathweis), die als Zeugen auftraten, wurde das Testament des kranken Schäfers geschrieben. Georg Böhmer gab an, dass er je eine Kuh besaß, die beim Ölmüller (oligmüller) in Isingheim, beim Deitman zu Grimminghausen, beim Sievert zu Selkentrop und bei Herman in Winters Backhaus in Serkenrode unterstanden. Elf Schafe, die sein Eigen waren, befanden sich bei der Schafherde in Sallinghausen. Auch ausstehende Gelder wurden im Testament aufgeführt: … bei Sassen zu Arpe (Verwandte seiner verstorbenen Ehefrau) 21 Reichstaler, außerdem ein Rind und an Zinsen 5 Rt., bei Wiesen zu Frielinghausen (seinem ehemaligen Dienstherrn) 35 Rt zuzüglich Zinsen, zu Rumbeck für verkaufte Schafe 66 Rt., bei Friderich zu Wenholthausen 4 Rt. weniger 6 Groschen und 1 Rt. an Fleisch, beim Ölmüller zu Isingheim 3 ½ Rt., bei Schäfer des Schulten zu Wenholthausen 8 Groschen, bei Husemann 2 ½ Rt. und letztlich bei Deitman zu Grimminghausen noch ein Kalb. Und auch daran dachte der Schäfer in seinen letzten Stunden: Er vermachte Gelder für Seelenmessen und für sein Begräbnis. Die Zinsen vom Geld, das von Wiesen aus Frielinghausen noch ausstand, sollten für die Kapelle in Sallinghausen zu Ehren des St. Antonius verwendet werden. 

Die Erben waren seine vier Kinder: die jüngste Tochter Maria Catharina, der jüngste Sohn Fritze, die Tochter Anna Catharina und der älteste Sohn Evert. 

Erleichtert, dass er nun alles für seine Kinder geregelt habe, schloss der Dorfschäfer Georg Böhmer für immer seine Augen. Er starb noch am Abend des Tages, am 04.09.1772, im Alter von 65 Jahren an „febris maligna“, einem bösartigen Fieber. Sein Leichnam wurde in Eslohe von seinen Kindern und den Sallinghauser Nachbarn zu Grabe getragen. 


Anton Schnöde: Dorfschäfer in Sallinghausen (um 1777 bis 1796)

 

Anton Schnöde wurde vermutlich Nachfolger des verstorbenen Dorfschäfers Georg Böhmer. 

Er soll in Herhagen, das zur Pfarrei Reiste gehört, geboren sein und nahm am 27.08.1776 in der Pfarrkirche Wenholthausen Maria Theodora (oder Dorothea) Lammert zur Frau, die um 1748 in Wenholthausen geboren war. Zwischen den Eheleuten bestand nach den Kirchenbüchern ein beträchtlicher Altersunterschied. Anton Schnöde wird darin als „opilio“ (latein) in Sallinghausen genannt, war also hier Schafhirt. Am 3.3.1778 wurden Zwillinge geboren: Franz Theodor und Maria Elisabeth. Die Ehefrau starb infolge der schweren Geburt am 8.3.1778 im Kindsbett. 

Noch im selben Jahr ging Anton Schnöde eine zweite Ehe ein. Am 4.8.1778 heiratete er in der Pfarrkirche Reiste die Eva Elisabeth Kremer, Tochter des Georg Kremer und dessen Ehefrau Anna Maria Lippes aus Wulstern bei Remblinghausen. Aus dieser Ehe gingen weitere fünf Kinder hervor: Maria Franziska, geb. 26.08.1779, Johann Adam, geb. 12.10.1783, Maria Margaretha, geb. 12.01.1786, Maria Theresia, geb. 08.09.1792, Anna Maria, geb. 02.01.1795. Die jüngste Tochter heiratete am 19.11.1822 den Witwer Anton Brendel, der mit der Sallinghauser Mühlenbesitzerin Maria Christina (geb. Baust, verwitwete Sternberg, verh. Brendel, gest. am 1.4.1821) verheiratet gewesen war. Das Paar zog mit den Kindern aus erster Ehe des Müllers nach Sieperting als Beisasse bei Stiesberg gnt. Beulmann (04).  

Der Schäfer Anton Schnöde starb am 9.3.1796 in Sallinghausen an Altersschwäche. 


Klage gegen Joseph Mathweis und „beigetretene Gemeinheit“

Schmies Haus in Sallinghausen: Hier wohnte der Kläger, der Beisasse Anton Schulte
Schmies Haus in Sallinghausen: Hier wohnte der Kläger, der Beisasse Anton Schulte

Ein über Jahre dauernder Rechtsstreit bestand zwischen dem Kläger Anton Schulte, Beisasse und Schmied, und Joseph Mathweis, der für die gemeinschaftlichen Schafhalter im Dorf beschuldigt wurde, drei Schafe und ein Lamm eigenmächtig von der Herde fortgenommen und verkauft zu haben. Ursächlich war, dass wohl nie richtig geklärt war, ob Anton Schulte offiziell der Gemeinheit beigetreten oder ob es nur zwanzig Jahre lang geduldet war, dass dieser seine Schafe unter der Obhut des Dorfschäfers weiden ließ.  

 

Anton Schulte hatte diesen Streit nicht überlebt. Er starb am 29.04.1815 im Alter von 66 Jahren. Deshalb vertrat ihn später sein Schwiegersohn Johann Pieper, gebürtig aus Herhagen. Er hatte 1814 die sechszehnjährige Tochter des Schmieds, Elisabeth Schulte (Tochter aus der zweiten Ehe des Schulte mit Elisabeth Hoffmann) geehelicht. Nun drängte er nach dem Tod des Schwiegervaters auf eine Entscheidung des Esloher Gerichts. Am 29.10.1818 erging der Beschluss zu Gunsten der Kläger: Es sei für die Gemeinschaft nicht eindeutig gewesen, ob die Tiere des Klägers Gemeineigentum gewesen seien. Deshalb wären sie nicht befugt gewesen, selbstständig über die Tiere zu verfügen.  Weil der Kläger „in Hauß und Gütern angesessen“, müsse man darin eine Strafsache sehen. Die Beklagten hätten ein „Spolium“, also einen Raub begangen (05).     


Schafe contra Winterroggen

 

Am 21.11.1819 heiratete auf dem Schultenhof in Sallinghausen der in Niederbergheim (Pfarrei Allagen) geborene Bauernsohn Franz Caspar Eickhoff ein, indem dieser die Ehe mit der verwitweten Maria Theresia Debus, geb. Schulte, einging. Tatkräftig nahm Caspar Eickhoff das Heft in seine Hand. 

Die gemeinschaftliche Hütung einer Schafherde im Dorf war ihm von Anfang an nicht recht und so äußerte er den Nachbarn gegenüber, alsbald alle Schafe abschaffen zu wollen und erstmals den Versuch zu wagen, auf seinem Acker Winterroggen anzubauen. Die Nachbarn waren skeptisch und schnell darin einig, dem forschen „Buiterling“ entgegenzutreten. Als dieser dann auch noch von sich aus eine Versammlung einberief um die Abschaffung der Schafe im Dorf und die damit verbundene Kündigung des Dorfschäfers zu beschließen, wurde er eindeutig überstimmt. 

 

Kurzentschlossen verkaufte Caspar seine 50 Schafe, die einen Großteil der in Sallinghausen gehaltenen Schafherde ausmachte, und pflügte einen Teil seiner Schafweiden um. Noch im zweiten Jahr verdoppelte er die Anbaufläche, da der Winterroggen „gut gescheffelt“ hatte. 

Die Nachbarn sahen schließlich ein, dass die Unterhaltung eines Dorfschäfers auf Dauer für die im Dorf verbliebenen Schafe nicht rentabel blieb (06). 


Johannes Köster, der letzte Dorfschäfer in Sallinghausen (1833-1845)

Wenig bekannt ist über den Dorfschäfer Johannes Köster (oder auch Kösters genannt), dessen Name in einem Kaufvertrag vermerkt ist: Am 16.12.1833 erwarb dieser vom Landwirt Friedrich Fust gen. Schütte aus Niedereslohe Acker und Scheffelland „Helle“ für insgesamt 23 Thaler Courant, 2 Silbergroschen und 4 Pfennige. Die Fläche wurde 1841 auf seinen Namen im Kataster als Eigentum eingetragen. Das waren 2 Morgen, 111 Ruthen und 50 Fuß. (ca. 0,6685 Hektar). Am 8.1.1845 verkaufte Johannes Köster diese Fläche wieder. Johann Baust gnt. Gockel, Bauer in Sallinghausen, erwarb sie für 45 Thaler (07). 

 

Johann Köster wurde am 18.07.1783 in Obersalwey geboren und war mit Anna Elisabeth Gördes verheiratet. Es ist nicht bekannt, wo die Familie in Sallinghausen gewohnt hat, da das ehemalige Schäferhaus in dieser Zeit bereits im Eigentum der Familie Blanke (08) stand und von diesen auch bewohnt wurde.  Möglich war die Nutzung des auf Nurks Hof stehende ehemalige Altenteilerhaus. (vermutlich im Kirchenbuch einst als "Jürgens Haus" bezeichnet). Dieses, direkt an der Dorfstraße gelegene kleine Wohnhaus, war 1730 von Jost Bornemann und der Witwe Elisabeth Nurk erbaut worden. Bornemann starb bereits zehn Jahre später im Jahre 1740. Das Haus wurde um 1860 abgerissen und das Abrissmaterial teilweise zum Aufbau eines Stalles an gleicher Stelle genutzt. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, wie und  von wem dieses zwischenzeitlich bewohnt war. Es ist also möglich, dass es vom Dorfschäfer Johannes Köster und seiner Familie für einige Jahre genutzt wurde.

 

Zwei Kinder sind laut Taufbuch der Pfarrei Eslohe geboren worden, vermutlich aber nicht in Sallinghausen: Der Sohn Johann Joseph, geb. am 06.09.1815, blieb ledig und starb später in Schliprüthen. Er lebte dort im Haushalt seiner jüngeren Schwester Maria Josephine, die am 06.01.1819 geboren war. Diese heiratete am 13.06.1844 den Franz Anton Schulte in Schliprüthen. 

Auch die Mutter Elisabeth lebte später im Haushalt ihrer Tochter. Dort starb sie verwitwet an Altersschwäche am 18.12.1854. 

 

Über das Schicksal ihres verstorbenen Mannes, dem Schäfer Johann Köster, kann nachstehendes gemutmaßt werden: Johann Köster war der letzte Dorfschäfer in Sallinghausen. Als er 1845 seine Anstellung im Dorf verloren hatte, verkaufte er sein Eigentum an Baust. Nun erhielt er eine Schäferstelle in Kückelheim, die er nicht lange ausüben konnte. Johann Köster starb am 27.05.1847 im Alter von 65 Jahren an Altersschwäche.   


Das Ende der dörflichen Schafhaltung

 

Als 1846 die Markenteilung durch eine Verordnung verfügt wurde, mussten die gemeinschaftlichen Interessenwaldungen und Hudeflächen (Gemeinheiten) auf die beteiligten Solstättenbesitzer aufgeteilt werden. Die Sallinghauser Gemeinheit hatte eine Größe von ungefähr 12 Morgen. Diese wurde vom Katasteramt Meschede vermessen und unter die alteingesessenen Bauern im Dorf verteilt. Die pflanzten dann auf den Hudeflächen Fichten an, Flächen die der Schafhaltung auf Dauer verlorengingen. 

 

Bereits 1867 und in den folgenden Jahren zahlte Rischen in Bremscheid (09) regelmäßig Pacht für die Schafhude. Noch im Jahre 1881 pachtete der Landwirt Anton Rischen aus Bremscheid für seine Schafherde von Mathweis, Wüllner und Baust in Sallinghausen die Herbst-, Winter- und Frühjahr-Schafhude für weitere sechs Jahre (10). Vorsorglich wurde im Vertrag formuliert, was geschehen soll, wenn Eickhoff beitreten würde. Dazu ist es wohl niemals gekommen. 

 

Die gemeinschaftliche Schafhaltung in Sallinghausen gehört seitdem der Geschichte an. Es eröffnete sich aber „ein Feld“ für die Wanderschäfer. Diese zogen mit ihren Herden über die Fluren der Bauern, dann wenn die Ernte bereits unter Dach und Fach war. Ihre genügsamen Tiere fanden noch reichlich Nahrung auf schneefreien Flächen in den Niederungen. Wanderschäfer kamen weit herum. Sie konnten, wenn sie dazu bereit waren, einiges erzählen von ihren Begegnungen und Erlebnissen in fernen Gegenden. Von zwei Wanderschäfern, die oft ihren Weg gemeinsam gingen, kann berichtet werden: Die Wanderschäfer Kotthoff und Gerke. 


Anhang:

 

01.    siehe Esloher Forschungen Teil II, Seite 41 folg.

02.    Der Hof Wiese in Frielinghausen ist in späterer Zeit aufgelöst worden. Die Schafhaltung in Frielinghausen bestand jedoch später auf Püttmanns Hof. Paul Püttmann hielt 1931 immerhin 400 Stück Schafe (Niekammers Landw. Adressbuch Provinz Westfalen 1931)

03.    siehe Esloher Forschungen Teil I, Seite 322 – Q 393

04.    Esloher Museumsnachrichten 2019, Seite 52: „Geschichte von Müllers Gut in Sallinghausen“ von Wilhelm Feldmann; Hinweis: Im Text wird irrtümlich der Name „Schnöer“ anstatt „Schnöde“ genannt. Dem zugrunde liegt ein Übersetzungsfehler aus dem Kirchenbuch der Pfarrei Eslohe.

05.    Kopie des Dekrets vom 29.10.1818 im Archiv W. Feldmann

06.    Esloher Museumsnachrichten 2018, Seite 22: „Der Schultenhof erfährt seine Endlichkeit“ von Wilhelm Feldmann

07.    Kauf-Urkunde im Besitz der Familie Baust in Sallinghausen

08.    Siehe Dorfgeschichte: „Das Blanken Haus und dessen Bewohner“

09.    Caspar Rischen ließ 1819 seinen Schafstall ausbauen, weil er beabsichtigte, seine Schafherde noch zu vergrößern. Aus: Geschichte des Hofes Rischen gnt. Klogges von Mathilde Rischen

 

10.   Vertrag über die Pachtung der Schafhude im Besitz der Familie Rischen in Bremscheid