Pferde waren "Hilfsmittel" im Kriegsdienst


Auch Pferde wurden zur Musterung einberufen

„Wo immer Menschen ihre Fußabdrücke hinterließen, man fand Hufabdrücke neben ihnen.“ 

 

Dieser Satz besagt, dass zu allen Zeiten Pferde die engsten Verbündeten des Menschen gewesen sind. Sie waren die vierbeinigen Helfer für Bauern und Fuhrleute, aber auch unersetzbare Begleiter der Kriegsheere. Auf dem Rücken ihrer Pferde besiegten schon vor zweitausend Jahren die Hunnen bis dahin sesshafte Völkerstämme im europäischen Raum. Ohne ihre flinken Reittiere wäre dieses kriegerische Reitervolk aus dem vorderasiatischen Raum dazu nicht in der Lage gewesen. 

 

Wie unverzichtbar der Einsatz dieser Vierbeiner bei kriegerischen Auseinandersetzungen war, zeigte sich auch noch in den beiden Weltkriegen, obwohl der technische Fortschritt zu Anfang des 20. Jahrhunderts auch in der Kriegsmaschinerie einen zunehmenden Stellenwert einnahm. 

Aufgezogen für das kaiserliche Heer

Dieser junge Soldat erfreut sich an dem Pferdenachwuchs. Welche Verwendung diesem Tier wohl bevorsteht?
Dieser junge Soldat erfreut sich an dem Pferdenachwuchs. Welche Verwendung diesem Tier wohl bevorsteht?

Noch um 1900 führte das kaiserliche Heer in ihrem Bestand 98.000 Pferde. Davon wurden jährlich 11.000 Tiere ausgemustert und durch drei- und vierjährige Pferde, sogenannte Remonten, ersetzt. Das preußische Militär kaufte sie vor allem in Ost- und Westpreußen, dem bis um 1945 größten geschlossenen Pferdezuchtgebiet der Welt. Darin lag auch das Hauptgestüt der Trakehner, in dem die bekannten Warmblüter gezüchtet wurden. Einen kleineren Teil ihres Bedarfs deckte das Heer der Preußen aus Gestüten bei Hannover und in Norddeutschland, während die bayerische, sächsische und württembergische Armee ihre Remonten überwiegend aus dem eigenen Land bezogen. 

Während die vierjährigen Remonten gleich zur Truppe kamen, wurden die Dreijährigen ein Jahr in eines der insgesamt zwanzig Depots der Preußen eingestallt. Sachsen unterhielt zudem weitere vier Depots, in dem unter straffer täglicher Bewegung die Pferde noch unberitten heranreiften und an Stallkasernen und Militärumgebung, wie Schüsse, Pauken und Fahnen gewöhnt wurden. Danach hatten sie als Zugpferde bei der Artillerie und im Train oder Tross (militärische Bezeichnungen für den Transportdienst) neun Jahre, als Reitpferde bei den berittenen Truppen und Stäben zehn Jahre vor sich. 

 

Zu jener Zeit waren die berittenen Verbände und Einheiten der Kavallerie der Stolz des Heeres. Pferd und Soldat präsentierten sich glanzvoll bei Militärparaden und Aufmärschen. Da der Pferdebestand des Heeres nur seinen Grundbedarf in Friedenszeiten abdeckte, fanden für den Kriegsfall vorsorgend jährliche Musterungen von zivilen Pferden verpflichtend statt. Davon ausgenommen waren Tiere von Ärzten und Fürsten. Taugliche Tiere wurden auf Musterungslisten vermerkt und möglichen Einsatzzwecken zugeordnet. Bereits 1831 wurde in der Pfarrchronik Reiste vermerkt: „Den 8ten April war Militär-Pferdeschau in Eslohe und wurden aus hiesigem Kirchspiel (Reiste) drei Stück (Pferde) entnommen.“ (aus Esloher Forschungen Teil I Seite: 60)

Das Rindvieh als Ersatz

In Wildewiese: Ein Kleinbauer hat seine Kuh zum Pflügen vorgespannt.
In Wildewiese: Ein Kleinbauer hat seine Kuh zum Pflügen vorgespannt.

Als 1914 der Erste Weltkrieg begann wurde über diese Pferde zum Leidwesen ihrer Besitzer verfügt, denn diese machten gut zwei Drittel des verfügbaren Gesamtbestandes des Heeres aus. Bauern und Fuhrleute, die ihre Pferde abgeben mussten, erhielten für ihre Tiere eine Taxe, einen amtlich durch einen Taxator ermittelten Preis. Ungern trennten sie sich von ihren treuen Vierbeinern, ahnten sie doch, dass an ein Wiedersehen nicht zu denken war. Auch war in diesen Zeiten ein gleichwertiger Ersatz ihrer Tiere sehr unwahrscheinlich, da der Markt keine guten Pferde mehr anbieten konnte. 

 

Bald zeigte sich die Knappheit an Ressourcen aller Art. Die Anzahl an benötigten Pferden für den Kriegseinsatz musste nochmals drastisch erhöht werden. Ohne den Einsatz von Transportpferden konnten die Unmengen von Granaten und Kriegsgeräte nicht bis zur Front geschafft werden. Deshalb wurden auch bisher untauglich geschätzte Pferde nachgemustert und zum militärischen Einsatz eingezogen. Mancher Landwirt stand bald ohne Zugkräfte auf seinem Hof und musste notgedrungen sein Rindvieh nutzen, so wie es die Kleinbauern schon immer taten. 

 

Auf dem Schultenhof in Sallinghausen blieb zwar noch ein Pferd im Stall, doch mit diesem allein konnte die Arbeit in der Landwirtschaft nicht bewältigt werden. Deshalb wurde nun ein kräftiger Jungbulle von der Weide geholt und durch Kastration zu einem Ochsen gemacht. Ihm fehlte danach jegliche Aggression und nach wenigen Tagen des Anlernens konnte er neben das Pferd gespannt und als Zugtier eingesetzt werden. Sein Zuggeschirr, ein Ochsenjoch, wurde nicht wie beim Pferd mittels eins Kummets um den Hals oder mit einem Blattgeschirr vor die Brust, sondern vor der Stirn des Ochsen angebracht um dort die Zugketten einzuhängen. Heinrich Heymer erzählte: „Das Pferd sah erst ganz geringschätzig auf seinen neuen Partner. Nachher waren sie unzertrennliche Freunde.“ Da es vielen Bauern und Fuhrleuten ebenso erging, entstand hier im Sauerland ein schwunghafter Handel an Zugochsen aus dem Wittgensteiner Land. Schon im Kriegswinter 1914/15 war auf dem Schultenhof ein zweiter Zugochse einsatzbereit, der dann den ersten ergänzte. Das einzige Pferd konnte nun wieder einspännig arbeiten. Andere Bauern setzten auch eine Kuh als Zugtier zur Bewältigung ihrer Feldarbeit ein. 

Neue Pferde braucht das Land

Typische "Allgebrauchspferde" waren in der Landwirtschaft beliebt. Sie waren für den Einsatz auf dem Felde und im Wald vor schwerem Gerät, aber auch vor dem Kutschwagen geschaffen. Und in der Freizeit ging man mit ihnen auf Reitturniere.
Typische "Allgebrauchspferde" waren in der Landwirtschaft beliebt. Sie waren für den Einsatz auf dem Felde und im Wald vor schwerem Gerät, aber auch vor dem Kutschwagen geschaffen. Und in der Freizeit ging man mit ihnen auf Reitturniere.

Die Verluste an Tiermaterial während des tobenden Krieges waren enorm, sodass 1917 das Deutsche Reich weitere 140.000 Pferde aus dem Ausland importierte. Am Ersten Weltkrieg sollen bis zu 20 Millionen Pferde beteiligt gewesen sein; davon 1,5 Millionen auf deutscher Seite. Mindestens acht Millionen Pferde wurden während dieses Krieges getötet. Dennoch wurde deren Kriegsverwendung als selbstverständlich angesehen. Sie wurde moralisch nicht hinterfragt. Das eherne Ziel, für Kaiser, Volk und Vaterland den Sieg über die Feinde zu erringen, stand im Wert höher. 

 

Nach Ende des Ersten Weltkrieges waren die Bestände an Pferden arg dezimiert und es wurde eine Herausforderung für die kommenden Jahre, durch eine gute Zuchtauswahl neue Pferdegenerationen für den Bedarf zu etablieren. Auch der Pferdereit- und Rennsport, der 1914 gänzlich zum Erliegen kam, musste bis weit in die zwanziger Jahre ausharren, bis wieder geeignetes Pferdematerial vorhanden. 

 

Erschwerend war zudem der am 28. Juni 1919 von der Reichsregierung unterzeichnete Versailler Vertrag, der nicht nur die Beschränkung der deutschen Armee auf 100.000 Mann verfügte, auch die Kavallerie-Regimenter mussten in ihrer Anzahl reduziert werden. Im Rahmen dieser „Wehrlosmachung“ war es vielen Bauernsöhnen nicht mehr möglich, bei einer berittenen oder fahrenden Truppe ihre Militärausbildung abzudienen. Deshalb war diese Zeit gekennzeichnet durch die Gründung neuer Reit- und Fahrvereine. Ihre Mitglieder, meistens junge Bauernsöhne, fanden darin einen Ersatz. Sie wollten ihre eigene Reit-Ertüchtigung, aber auch die ihrer Pferde, im Wettstreit miteinander austragen. Der Begriff der „Bauernreiterei“ wurde kreiert. Die Vereinsgründungen am zweiten Weihnachtstag 1927 in Hellefeld und wenige Monate später in Eslohe sind nur beispielshaft zu nennen. (siehe: „Der Zucht-, Reit- und Fahrverein Eslohe und Umgebung.“)

Sie waren noch immer unersetzbar

Heinrich Heymer war "Gaulleiter" bei der Pferdemusterung in Calle 1939
Heinrich Heymer war "Gaulleiter" bei der Pferdemusterung in Calle 1939

Die Machtübernahme durch Adolf Hitler am 30.1.1933 bewirkte noch im gleichen Jahr die Umwandlung aller Reitervereine in „SA-Reiterstürme“. Die aktiven Reiter wurden feierlich auf den Führer vereidigt und damit zu Vorzeigeobjekten deutscher Reiterkunst degradiert. Sie wurden für Parteizwecke und Propaganda der NSDAP missbraucht. Die Teilnahme an den alljährlich stattfindenden Umzügen zum Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober war Pflicht. Auf Anweisung des Reichsbauernführers Darre' wurde das kirchliche Fest des Dankes zu einer Darstellungsschau für den Reichsnährstand. 

 

Die folgenden Jahre sind gekennzeichnet durch politische Handlungen, die bewusst darauf ausgerichtet sind, einen Krieg herbeizuführen. Längst waren die Beschränkungen durch den Versailler Vertrag Geschichte. Es wurde aufgerüstet, auch verbal. Die Propaganda der NSDAP schaffte die Legende von der Wehrmacht als eine vollmotorisierte Armee. Tatsächlich war die Armee hauptsächlich bespannt und beritten. Das Pferd war immer noch ein unersetzbares Fortbewegungsmittel bei Wehrmacht und Waffen-SS und die Geschichte wiederholte sich mit der Musterung der Pferde. Sie wurde zu einem unverzichtbaren Teil der Aufrüstung der Wehrmacht. Lag der Pferdebestand der Reichswehr 1933 bei etwa 42.000, so stieg er auf etwa 170.000 bis zum Kriegsbeginn. Der Überfall auf Polen durch das deutsche Heer am 1. September 1939 gilt als Beginn des Zweiten Weltkrieges. Doch bereits einige Tage vorher begann der Krieg für die Bauern unseres Landkreises im kleinen Dorf Calle bei Meschede. 

Pferde-Einberufung zur Wehrmacht

Einberufungsorder für den 28. August 1939. Der elfjährige Rappe "Alma" wurde ausgemustert.
Einberufungsorder für den 28. August 1939. Der elfjährige Rappe "Alma" wurde ausgemustert.

Erst am Spätnachmittag des 25. August 1939, erhielten die Bauern der Ämter Meschede und Bestwig eine amtliche Mitteilung. Die „Pferde-Einberufung“ wurde kurzfristig zugestellt. Sie sollten am frühen Morgen des nächsten Tages die jeweils in ihrem Besitz genannten Pferde zur Musterung in Calle vorstellen. Einige wurden angewiesen, auch Leiter- oder Kastenwagen, bespannt mit Zugpferden, zur Verfügung zu stellen. Für jedes Pferd sollte zudem ein Halfter, zwei 2 m lange Stricke, Striegel und Kardätsche sowie Futter für drei Tage gestellt werden. Dieser Einberufungsbefehl wurde mit „Wehrmachtsübungen“ begründet und bei Nichtbefolgung Strafe angedroht. Auch die Pferdepfleger, die sich spöttisch „Gaulleiter“ nannten, bekamen ihre Kriegsbeorderung erst in der Nacht. 

Zwanzig Jahre später erinnerte ein Bericht in der Mescheder Zeitung über dieses Ereignis (auszugsweise wiedergegeben):

 

Der 26. August des Jahres 1939, ein Samstag, war ein herrlicher Sonnentag. Niemand ahnte, was der Tag in Calle bringen würde. Selbst die übliche Flüsterparole war noch nicht durchs Dorf gegangen. Gegen 9 Uhr trafen nach und nach die Bauern mit ihren Pferden ein. Einige brachten Leiter- und Kastenwagen und Fourage mit. Die Pferde standen auf der rechten Straßenseite. Vom Gehöft Bornemann-Klüsener bis zur Köperschen Schmiede Pferd an Pferd. Es war Pferdemusterung. 

Als die Pferde ordnungsgemäß aufgestellt waren, erschien die militärische Musterungskommission. Zunächst erhielten die „Gaulleiter“ Unterweisung, um dann bis 14 Uhr beurlaubt zu sein. 

Nachdem man einen Allgemein-Überblick über das Pferdematerial gewonnen, begann die Vorführung der Tiere durch den Besitzer auf dem Schützenplatz. Die wehrdienstfähigen Tiere wurden gleich abgeschätzt und bezahlt. Noch waren die Besitzer bis zur Übernahme gegen 14 Uhr für ihre Tiere verantwortlich. 

Die etwa 75 „Gaulleiter“ hatten sich während der Musterung in den Wirtschaften gütlich getan, wie das an solchen Tagen üblich ist. Das militärische Donnerwetter vermochte das Geschehene nicht zu ändern, verursachte vielmehr hie und da lächerliche Randbemerkungen. Trotzdem klappte alles am Schnürchen. 

142 Pferde, erstklassige Tiere, wechselten den Besitzer. Der Abschied von ihren Pferden wurde den Bauern schwer. Mit einem liebevollen Streicheln und Tränen in den Augen nahmen sie Abschied von den treuen Helfern. Manche Gehöfte waren in der Erntezeit aller Pferde bar. Die Pferde mit ihren Führern und dem Wagentross mit Fourage setzten sich in Marsch in Richtung Soest, der Bestimmungsstation.“

Ein Abschied für immer

Beim Grasmähen am Sonntag, den 27.6.1939. Einen Tag später musste der Wallach "Edith", links mit Blesse, zur Musterung. Auch Josef, rechts, musste Abschied nehmen, letztlich für immer.
Beim Grasmähen am Sonntag, den 27.6.1939. Einen Tag später musste der Wallach "Edith", links mit Blesse, zur Musterung. Auch Josef, rechts, musste Abschied nehmen, letztlich für immer.

Am folgenden Montag, 28. August, wurde in Calle die Musterung für den südlichen Kreis, somit auch für das Amt Eslohe durchgeführt. Nun galt, aus Erfahrung klug geworden, ein allgemeines Alkoholverbot. Diesmal wurden 162 taugliche Pferde nebst Tross und „Gaulleitern“ auf dem Bahnhof in Wennemen verladen und mit einem Sonderzug zur Artillerie-Kaserne in Hamm gebracht. Mit dabei waren auch Pferde von Bauern aus Sallinghausen. Mathweis mussten sich von ihrem treuen „Max“ und Heymers vom 4-jährigen Fuchs „Susy“, der mit 1400 Reichsmark taxiert wurde, trennen. Beide Pferde wurden vom „Gaulleiter“ Heinrich Heymer nach Hamm begleitet. 

 

Josef, der älteste Sohn von Feldmanns Hof, war bereits seit Februar 1939 im aktiven Wehrdienst in Schweidnitz/ Schlesien. Im August wurde ihm für den Ernteeinsatz Heimaturlaub genehmigt. Er bekam aber bald die Mitteilung, dass er verlegt werde und am 29.8. „zum besonderen Einsatz, zur Sicherung der deutschen Westgrenze“ zu erscheinen habe. Mit ihm wurde der Wallach „Edith“, ein Fuchs mit Blesse, eingezogen und ging für 1150 Reichsmark Entschädigung mit zur Sammelstelle nach Hamm. Beide, der Wallach und Josef Feldmann, haben Sallinghausen nicht mehr wiedergesehen. 

Mit den Pferden in den Tod

Josef Feldmann war Pferdehalter seines Hauptmanns und Meldereiter.
Josef Feldmann war Pferdehalter seines Hauptmanns und Meldereiter.

Die meisten Bauernsöhne, die mit dem Halten und Führen von Pferden von Jugend an gewöhnt waren, wurden im Kriegsdienst diesen vertrauten Aufgaben zugewiesen, so auch Josef, der zudem Aktiver im Esloher Reiterverein war und sein jüngerer Bruder Wilhelm. Josef war der erste Gefallene des Amtes Eslohe. Er starb am 30. Juni 1941 in Litauen. Wenige Tage zuvor schrieb er aus dem Felde: „Es geht jetzt so schnell vorwärts, dass wir mit unseren Pferden nicht mitkommen können.“ Er war Pferdehalter seines Hauptmanns und Meldereiter. Bei einem Gefecht mit den Russen nahm er mit den Pferden hinter einer Baumgruppe Deckung. Es fiel ein vereinzelter Schuss, der etwa zehn Meter neben Josef einschlug. Dieser saß an einem dicken Baum, als ein Granatsplitter in Haselnussgröße seinen Stahlhelm durchschlug und ihn tötete. Mit ihm fanden sein und des Hauptmanns Pferd, sowie drei weitere Pferde den Tod. Die Kameraden fanden Josef, die Zügel noch fest in seiner Hand. 

Auch seinem jüngeren Bruder Wilhelm, ein kräftiger Bursche, wurde beim Russland- Feldzug im Tross die dreispännig geführte „Wasserkarre“ anvertraut. Er fühlte sich relativ sicher, bewegte sich der Tross doch hinter der Artillerie. Das aber erwies sich als trügerisch. Drei Monate nach Josefs Tod fiel auch Wilhelm in der Ukraine bei einem russischen Fliegerangriff.  

 

Aber auch das Schicksal von Max, Susy und Edith, die Pferde der Sallinghauser Bauern, die mit vielen anderen ihrer Artgenossen zur Sammelstelle Hamm transportiert wurden, ist bekannt. Sie befanden sich am 9. April 1940 auf dem schweren Kreuzer „Blücher“. Es war damals das modernste Kriegsschiff der deutschen Marine und erst im September 1939 in Dienst gestellt worden. Unter dem Decknamen „Unternehmen Weserübung“ wollte die deutsche Wehrmacht Dänemark und Norwegen mit einem Handstreich einnehmen. Der Kreuzer „Blücher“ führte den Konvoi deutscher Kriegsschiffe mit Ziel auf Oslo an. Bei der Einfahrt in den Oslofjord wurden sie entdeckt. Nur zwei Kanonenschüsse reichten aus, um das Schiff in Brand zu setzen und es zu versenken. Innerhalb von zwei Stunden starben fast 1000 Mann Besatzung und die an Bord befindlichen Pferde im eisigen Wasser des Fjordes. 


Bilder zum Thema: (1) Beim Einmarsch der deutschen Soldaten bei Lille (Frankreich). Getötete französische Pferde liegen noch angespannt vor dem Wagen, mit dem Franzosen vor den Deutschen flüchten wollten. (2) Die Ruhe vor dem Sturm: Gefechtspause für Soldaten und Pferde. (3) Ohne den Einsatz der Pferde war der Nachschub nicht zu bewältigen. Vorn auf dem Wagen: Josef Feldmann, mein Onkel.


Das Pferd: Nur ein "Hilfsmittel"?

Im Fortgang des Krieges dehnte sich der Tätigkeitsbereich der Pferde noch aus, denn auch die motorisierten Divisionen mussten zunehmend auf Pferde zurückgreifen, sogar bei Luftwaffe und Marine. Der deutschen Industrie gelang es zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd so viele Fahrzeuge zu produzieren, wie für eine durchgreifende Vollmotorisierung nötig gewesen wären. Hinzu kam das zunehmende Problem der Treibstoffversorgung. Insgesamt wurden auf deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg 2,8 Millionen Pferde eingesetzt. 

 

Die Verluste waren indes sehr hoch. Pferde, die durch Feindeinwirkung oder an Erschöpfung starben, werden auf rund 1,6 Millionen geschätzt. Unzählige befanden sich im Krankenstand (Zahlen aus dem Bundesarchiv). Dennoch gab es nach Ende des Krieges tatsächlich Pferde, die den gesamten Krieg über als Truppenpferd „gedient“ hatten. 

 

Das Pferd, war auch im zweiten Krieg nach wie vor ein brauchbares und vertrautes „Hilfsmittel“. Diese treuen Tiere wurden einmal mehr in ihrer Geschichte vom Menschen missbraucht. Möge ihr Dasein für alle Zukunft den edleren Zwecken des Menschen dienen. 

 


Ergänzung aus den Heimatblätter der Stadt Sundern "Rund um Röhre und Sorpe" (März 1992, 7. Folge):

Franz Melcher hat Berichte und Erinnerungen von Kriegsteilnehmern im II. Weltkrieg aus dem Raum Endorf gesammelt und bearbeitet. 

Dazu ein Ausschnitt:

 

Zurück nach Russland ...

"Es ist empfindlich kalt geworden. Wir frieren. Unsere Pferde sind dem plötzlichen Klimawechsel nicht gewachsen. Schon während der Fahrt geben viele Tiere lieber ihr armseliges Leben hin, als später doch nur zerfetzt zu werden oder in den Kessel der Küche zu wandern. So werden sie schon während der Fahrt aus den Waggons auf die Gleise befördert, um in wenigen Minuten von russischen Gefangenen buchstäblich roh verschlungen zu werden. Uns wird es übel beim Anblick solcher Dinge. Doch es sollte alles noch viel schlimmer kommen. Bald sollen wir es zur Genüge am eigenen Leibe erfahren ..."