Ihre Wurzeln liegen im Salweytal


Nachrichten aus den Kirchenbüchern zur Familiengeschichte

Hammecke, Deimel und Gerke auf Assmanns ("Assmess") Hof in Meinkenbracht


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(C) Wilhelm Feldmann

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Gesucht und gefunden

 

Es ist ein „Stückwerk“ und das Synonym vom „Flickenteppich“ ist angebracht, wenn es um die Erforschung der Familiengeschichten Deimel und Gerke auf Assmanns Hof in Meinkenbracht geht. Dass es halbwegs gelungen ist, etwas für diese Geschichte zu ergründen, ist dem Vorteil geschuldet, dass einige Auswertungen von Kirchenbüchern aus verschiedenen Pfarreien vorliegen, nicht nur die der Ortspfarrei Hellefeld; denn Meinkenbracht gehört zur Stammpfarrei St. Martinus in Hellefeld. Dieses Kirchspiel wird noch heute als „Altes Testament“ bezeichnet, begründet dadurch, dass es zwölf Ansiedlungen umfasst – analog zu den zwölf Stämmen Israels. 

Die Eintragungen in den Büchern dieser Pfarrei sind nicht vollständig und nur zeitlich begrenzt erfasst. Deshalb lässt sich nicht lückenlos die Generationenfolge auf diesem Hof in Meinkenbracht darstellen, was Vermutungen Tür und Tor öffnet. 

 

Da dieser Hof über viele Generationen hinweg von den Bewohnern in Meinkenbracht in ihrem Sprachgebrauch mit „Assmess“ benannt wurde, kann als gesichert vorausgesetzt werden, dass „Assmann“ der Nachname des ursprünglichen Besitzers war. Die Suche in den Analen beginnt deshalb nach diesem Namen in den Kirchenbüchern des Kirchspiels Hellefeld, und weil das nicht ungewöhnlich ist, nach dessen verschiedenen Schreibweisen.  Der Name wird auch als „Asseman“ dem Handwerk des Achsenmacher (Asse = Achse), also eines Stellmachers oder Wagners gedeutet. 

Früheste Nachrichten in den Kirchenbüchern zur Familie Assmann

Die Pfarrkirche St. Martinus in Hellefeld, 1877 neu errichtet nach Abriss der Ursprungskirche
Die Pfarrkirche St. Martinus in Hellefeld, 1877 neu errichtet nach Abriss der Ursprungskirche

Hinweise auf eine Familie Assmann (Aschman, Asman) in Meinkenbracht finden sich im Copulationsbuch der Pfarrei Hellefeld: Johann Aschman aus Meinkenbracht heiratete dort in der Pfarrkirche am 25.05.1666 die Anna Homberg (oder Hömberg) aus Niedersalwey. 

 

In den Kirchenbüchern der Pfarrei St. Georg in Schliprüthen kommen wir einer vorehelichen Beziehung auf die Spur:

Auf Neujahr 1732 wird in dem kleinen Dörfchen namens Kuckuck ein kleiner Junge geboren: Caspar Heinrich wird er gerufen. Die leiblichen Eltern sind nicht miteinander verheiratet. Dessen Vater ist Anton Asman aus Meinkenbracht und die Mutter ist Anna Catharina Brinckers (filia = Latein, bedeutet: Spross bzw. Tochter des Caspari Brincker). Die beiden scheinen später noch eine eheliche Beziehung miteinander eingegangen zu sein: Am 07.09.1734 heiratet in Schliprüthen der Anton Iven gnt. Asman aus Meinkenbracht die Ann Catharina Brenckers (vermutlich ist Brincker gemeint) aus Becksiepen. 

Diese Erkenntnisse sind gering und nicht ausreichend, einen Zusammenhang zur später auf diesem Hof in Meinkenbracht lebenden Familie Hammecke zu erkennen.  


Hammecke hieß der neue „Colon“ auf Assmanns Hof

 

Einheirat war die Lösung für nichterbende Bauernsöhne. Damals, bis ins 18. Jahrhundert hinein, war es die Regel, dass bei allen Besitzveränderungen der Name einer bäuerlichen Stätte stets unverändert blieb. Ein Mann, der in einen Hof einheiratete, legte seinen Familiennamen ab und nahm den des Hofes an. Das galt im Fall der Einheirat auf einen Hof, wenn eine Tochter des letzten Bauern das Erbe antrat; aber auch bei Einheirat auf einem Hof, wenn die Frau als Witwe des letzten Bauern eine weitere Ehe einging. 

 

Wenn auch später mit diesem Gesetz gebrochen wurde, der neue Besitzer führte immer zusätzlich zu seinem Familiennamen den des Hofes hinzu, so wie hier auf dem Hof in Meinkenbracht geschehen: „Hammecke gnt. Assmann“. Es ist ein Hinweis darauf, dass ein neuer Colon (= Latein, bedeutet: Landwirt) namens Deimel erst später, im 19. Jahrhundert, hier seinen Besitz nahm. Die eheliche Verbindung mit einer Tochter oder Witwe namens Assmann, also durch Einheirat auf den Hof, wird durch die Hellefelder Kirchenbücher nicht überliefert. Doch es bestehen andere Nachrichten, die einen Übergang vom Assmanns Hof auf seinen neuen Besitzer durch käuflichen Erwerb vermuten lassen.

 

Dennoch sieht der Chronist die Möglichkeit einer ganz anderen geschichtlichen Entwicklung auf Assmanns Hof, denn das Dorf Meinkenbracht, welches bereits im 12. Jahrhundert als "Menebracht" erwähnt wurde, gehörte in den Besitz des Herforder Frauenstifts, das 1810 endgültig aufgelöst wurde. Es spricht demnach viel für die Annahme, dass der Hof kein Erbgut sondern ein Kolonatsgut des Frauenstifts war und in dessen Eigentum stand. Die jeweiligen Bewirtschafter des Hofes erhielten Lehns- oder Pachtbriefe, die für einen übersehbaren Zeitraum ausgestellt und erneuert wurden, wenn der Belehnte seinen vertraglichen Verpflichtungen in Abgaben und Dienste auch nachgekommen war. Das Recht auf die Bewirtschaftung des Hofes war nicht vererbbar. Da Lehns- oder Pachtbriefe nicht auffindbar sind, bleibt auch diese These unbewiesen. Vielleicht sind auch sie bei einem Hausbrand in späterer Zeit vernichtet worden?

Die Familie Hammecke: Ihre Herkunft ist unbekannt

 

Aus den Kirchenbüchern der Pfarrei Hellefeld ist überliefert, dass dort am 10.02.1793 eine Ehe zwischen Johann Franz Hammecke und Anna Margaretha Griese geschlossen wurde. Der Wohnort des Paares ist nicht genannt. 

 

1794, ein Jahr danach, wird deren Sohn und späterer Erbnachfolger Johann Joseph Hammecke geboren. Auch dieser ist später, am 08.08.1816, eine Ehe in der Pfarrkirche in Hellefeld eingegangen. Seine Braut war Maria Catharina Funke, die 1790 geborene Tochter des Peter Funke und Catharina, geb. Feldmann. 

Von ihnen aber ist Meinkenbracht als Wohnort bekannt, da der Name des Joseph Hammecke mit dem Beinamen „gnt. Assmann“ dort erwähnt wurde. Auch in der Preußischen Urkatasterkarte von 1829 wird dieser nun Eigentümer von Assmanns Haus- und Hofstelle in Meinkenbracht genannt. Diese maß 33 Ruthen und 50 Fuß (ungefähr 473 qm). Sollte der Hof kein Erbgut, vielmehr „grundherrlich“ gewesen sein, wird die Ablösung des Hofes von seinem Grundherrn 1810 bei der Auflösung des Herforder Frauenstifts geschehen sein. Spätestens war das aber in der preußischen Provinz Westfalen und damit die endgültige Aufhebung aller grundherrlichen Rechte ab 1825 möglich. 

 

Aus der Ehe zwischen Joseph und Catharina Hammecke gingen Nachkommen hervor. Im Hellefelder Taufbuch findet sich die Geburt von zwei Mädchen: 

 

1. Christine Hammecke gnt. Assmann, geb. am 30.04.1819, später die Hoferbin, heiratete am 25.11.1841 den Joseph Ferdinand Bernhard Deimel gnt. Holle

2. Anna Catharina Hammecke gnt. Assmann, geb. am 28.12.1822. Diese heiratete im Alter von 45 Jahren den Witwer Adam Kotthoff gnt. Schmidt, in Sieperting.

 

Mit der Vermählung der ältesten Tochter Christine mit Joseph Deimel (1), der vom Hof „Holle“ aus Obersalwey stammte, spätestens aber mit dem Tod des Vaters, was den Übergang des Hofeigentums auf die Tochter zur Folge hatte, erlosch der Name „Hammecke“ von Assmanns Hof; und zwar so nachhaltig, dass er bei Generationen danach nicht mehr im Bewusstsein stand.  


Die Familie Deimel: Ihre Wurzeln liegen im Salweytal

Wohnhaus Familie Deimel gnt. Assmann in Meinkenbracht um 1905, davor die Eheleute Josef Deimel (2) u. Theresia, geb. Klöpper, mit ihren Töchtern Theresia (links) und Franziska.
Wohnhaus Familie Deimel gnt. Assmann in Meinkenbracht um 1905, davor die Eheleute Josef Deimel (2) u. Theresia, geb. Klöpper, mit ihren Töchtern Theresia (links) und Franziska.

Im Copulationsbuch der Pfarrei Hellefeld findet sich eine Eintragung vom 15. April 1807, die von einer Eheschließung in der Pfarrkirche St. Martinus zwischen Franz Philipp Deimel und Anna Catharina, geb. Plassmann Mitteilung macht. Während die Herkunft der Braut ziemlich eindeutig vom Hofgut Plassmann in Hellefeld herzuleiten ist, ist die ihres Ehemannes einer Nachforschung wert. 

 

Die Suche nach der Herkunft des Philipp Deimel endete in den Kirchenbüchern der Pfarrei St. Peter und Paul in Eslohe. Sie brachte gesicherte Erkenntnisse und Nachrichten, die ins obere Tal der Salwey auf den Hof der Familie „Holle“ in „Oueren Salwege“ (Obersalwey) führen. 

Ein Kötter, also ein Kleinbauer namens Tylman Hoile, war 1536 schatzungspflichtig. In der Schatzung, die 1685 erhoben wurde, werden die Eheleute Henrich Holle und Anna, geborene Schöllmann (Heirat seit 1661) als „arm“ (= Latein: mendicitas) bezeichnet.

 

Später, im Jahre 1747, heiratete Anton Holle die Anna Maria Wortmann aus Frielinghausen. Viele Kinder gingen aus dieser Ehe hervor; bis auf zwei Jungen, die vermutlich im Kindesalter starben, waren es neun Mädchen. Während die älteste Tochter 1769 in Obersalwey den Nachbarn Schmidt gnt. Hoppe ehelichte und auf dessen Hof zog, wurde die Zweitgeborene Anna Maria Elisabeth Holle (geb. 01.02.1750) Erbin des elterlichen Anwesens. Nach dem Anerbengesetz trat sie, da kein männlicher Erbe vorhanden und nach dem Verzicht der älteren Schwester die Hofnachfolge an. 

 

Am 25.11.1773 ehelichte Elisabeth in der Pfarrkirche in Eslohe den aus Sundern stammenden Christian Deimel, der um 1742 geboren wurde. Dieser heiratete nun auf den Hof Holle ein. Tragisch war, dass beide im März 1797 innerhalb von wenigen Tagen an einem bösartigen Fieber starben. Sie hinterließen acht Kinder, das Jüngste im Alter von fünf Jahren. Der älteste Sohn Johann Franz Deimel gnt. Holle (geb. 24.02.1778, gest. 06.07.1825) wurde Hofnachfolger und sah sich ein Jahr nach dem Tod der Eltern veranlasst, gerade zwanzig Jahre jung, eine Ehe einzugehen. Er heiratete Elisabeth Kotthoff gnt. Schulte aus Büenfeld. 

 

Johanns jüngerer Bruder war Franz Philipp Hermann Deimel. Er wurde in Obersalwey am 04.07.1782 geboren und ist jener, der in Hellefeld die Gutstochter Catharina Plassmann ehelichte. Mutmaßlich war sie, wie man landläufig sagt „eine gute Partie“ und brachte ein kleines Vermögen, die „Mitgift“ mit in die Ehe. 


Es bestand keine Verbindung zu Assmanns Hof

Auszug aus der Preuss.Urkatasterkarte von 1829 Flur 8 Ortsbereich Meinkenbracht
Auszug aus der Preuss.Urkatasterkarte von 1829 Flur 8 Ortsbereich Meinkenbracht

 

Die Eheleute Deimel ließen sich im Homert-Dorf Meinkenbracht nieder und konnten hier Eigentum erwerben. Auch in der preußischen Urkatasterkarte von 1829 wird Philipp Deimel genannt. Er ist Eigentümer kleiner Ackerflächen und eines winzigen Anwesens. Vermutlich ging er einem Handwerk nach und beackerte sein Feld für den Eigenbedarf, hielt vielleicht eine Kuh oder eine Geiß oder mästete ein Schwein.   

 

Im Taufbuch der Pfarrei Hellefeld sind die Geburten von sechs Kindern der Ehe schließenden Philipp Deimel und seiner Frau Catharina vermerkt. Später, bei der Hochzeit ihrer Tochter Maria Elisabeth ist der Vater Philipp neben Clemens Tillmann, der aus Estinghausen bei Sundern stammte, Lehrer und Küster in Eslohe war, als Trauzeuge genannt: „Philipp Deimel aus Meinkenbracht“. (01) Die Familie wird in einfachen Verhältnissen gelebt haben und offenbar blieb keines von Philipps und Catharinas ehelichen Kindern in Meinkenbracht ansässig. Ihr zu erwartendes Erbe aus dem Nachlass ihres Vaters war zu gering, um darauf eine eigene Existenz aufbauen zu können.

Vermutlich wurde das kleine Anwesen verkauft, vielleicht an einen Verwandten vom Hof Holle in Obersalwey stammend, der auf den Assmanns Hof in Meinkenbracht einheiratete. 

 


Ein Neffe aus Obersalwey heiratet auf Assmanns Hof ein  

 

 

Auszug aus der Preuss.Urkatasterkarte von 1829 Flur 8 Meinkenbracht zeigt wie Assmanns Hof vor dem Brand war. Die Hoffläche maß 33 Ruthen und 50 Fuß (ungefähr 473 qm).
Auszug aus der Preuss.Urkatasterkarte von 1829 Flur 8 Meinkenbracht zeigt wie Assmanns Hof vor dem Brand war. Die Hoffläche maß 33 Ruthen und 50 Fuß (ungefähr 473 qm).

Joseph Ferdinand Bernhard Deimel gnt. Holle (1) war ein Neffe von Philipp Deimel; der am 27.06.1810 geborene Sohn seines Bruders Johann Franz Deimel gnt. Holle, in Obersalwey und dessen Frau Elisabeth Kotthoff gnt. Schulte aus Büenfeld. 

 

Dieser ging als nachgeborener Sohn im Alter von 30 Jahren nach Meinkenbracht auf Assmanns Hof (Eintragung im Kirchenbuch der Pfarrei Eslohe: „1840 nach Meinkenbracht entlassen“) und heiratete am 25.11.1841 in der alten Pfarrkirche St. Martinus in Hellefeld die zukünftige Hoferbin Christina Hammecke, geb. am 30.04.1819 als Tochter der Eheleute Joseph Hammecke und Maria Catharina, geb. Funke. 

Aus ihrer Ehe gehen nachweislich sieben Kinder hervor. Sie wurden in Meinkenbracht geboren: 

 

1. Anna Catharina Josephine Deimel gnt. Assmann, geb. am 17.11.1842

 

2. Maria Anna Deimel, gnt. Assmann, geb. am 12.08.1845, gest. 07.11.1923 in Obersalwey, sie heiratete am 26.09.1872 Anton Hecking, geb. 22.08.1844 (gest. 26.11.1906) in Obersalwey als Sohn des Tagelöhners Max Hecking und Theresia Droste. Trauzeugen waren Anton Nölke aus Grevenstein und Elisabeth Hoffmann aus Niedersalwey. 

 

3. Joseph Deimel, gnt. Assmann (2), geb. am 24.10.1848, Hoferbe, heiratete in Schliprüthen am 18.11.1880 die Theresia Klöpper aus Frielinghausen

 

4. Franz Anton Deimel, gnt. Assmann, geb. am 19.12.1850, vermutlich ist dieser als Kind gestorben, da das jüngste Kind auf denselben Namen getauft wurde

 

5. Christina Deimel gnt. Assmann, geb. am 26.12.1853, gest. 12.06.1917 in Obersalwey, sie heiratete am 12.10.1879 in der Pfarrkirche St. Georg in Schliprüthen, da in Eslohe der Pfarrer Schierhof 1879 gestorben und die Pfarrstelle seitdem vakant und wegen des Kulturkampfs bis 1881 nicht besetzt war. Es traute sie deshalb in Schliprüthen der Pastor Wiegand. Sie heiratete den Hauserben Anton Schulte gnt. Mittelschulte (Mirrenschulten), geb. 15.09.1850 in Obersalwey als Sohn der Eheleute Anton Schulte und Anna Maria, geb. Mathweis. Christina starb am 12.06.1917 in Obersalwey, ihr Ehemann am 08.01.1926.

 

6. Maria Julia Deimel gnt. Assmann, geb. am 26.05.1858, sie heiratete am 26.07.1882 in der Pfarrkirche St. Pankratius in Stockum den Heinrich Brockmann gnt. Stemberg, geb. am 21.02.1856 als Sohn der Eheleute Josef Brockmann und Theresia, geb. Liedhegener

  

 

7. Franz Anton Deimel gnt. Assmann, geb. am 31.05.1861


Die zweite Generation namens „Deimel“ 

Die Braut Theresia Klöpper, geb. 10.10.1855 in Frielinghausen, brachte 1880 eine ordentliche Aussteuer mit auf Assmanns Hof.
Die Braut Theresia Klöpper, geb. 10.10.1855 in Frielinghausen, brachte 1880 eine ordentliche Aussteuer mit auf Assmanns Hof.

Joseph Deimel gnt. Assmann (2), geboren in Meinkenbracht als drittes Kind der Eheleute Joseph Deimel (1) und Christina Hammecke, wurde nach dem Tode seines Vaters Erbe vom Assmann-Hof in Meinkenbracht. Er heiratete (ein Jahr nach der Eheschließung seiner jüngeren Schwester Christina) am 18.11.1880 in der Pfarrkirche Schliprüthen im Alter von 32 Jahren die Maria Theresia Klöpper, geb. am 10.10.1855 in Frielinghausen, Tochter der Eheleute Peter Klöpper und Theresia Gierse (Diese war geboren am 21.02.1822 auf Wertmanns Hof in Isingheim). 

 

Die Braut erhielt von ihrem Vater außer Leinen und Schuh eine Kuh und ein Rind und dazu einen Brautwagen im Wert von 898 Mark. Dieser war reichlich bestückt mit den Gerätschaften, die eine angehende Bauernfrau zur Haushaltung benötigte:

 

Blechwaren gekauft von Schierbaum in Meschede und Lübke in Bremscheid, Kuhketten, Grabeschüppen und Gartenharke von Theodor Meschede in Meschede, einen Zuber, Waschkorb, wollene Bettdecke, Spinnrad, Geschirr aus Porzellan von Hennecke in Meschede, Messer, Gabeln, Vorleger, Kruzifix, Gebetbuch sowie Messbuch. Betten wurden von Henke in Dorlar genäht und 45 Pfund Bettfedern lieferte Knoche in Dorlar. 34 Ellen Linnen, 10 Ellen Drell (ein strapazierfähiger Stoff), Tisch- und Kommodendecken, Haarbesen und Flachsbreche gehörten ebenso zur Aussteuer. Elisabeth Theile aus Frielinghausen erhielt Lohn für ihre Näharbeit. In Eslohe kaufte man Putzwaren bei Balzer und Manufakturware bei Isaak Goldschmidt (Textilkaufmann); eine Butterkirne bei Rath in Schliprüthen. Ein Möbel wurde beim Schreiner Joseph Altbrod in Frielinghausen gefertigt und Schmiedearbeiten bei Klemens Bruder in Bremke in Auftrag gegeben.

 

(Auszug aus Hofgeschichte Klauke – Klöpper in Frielinghausen nach den Tagebuchaufzeichnungen des Johann Klöpper 1853 - 1922)

 

 

Aus der Ehe des Joseph Deimel gnt. Assmann (2) mit Theresia Klöpper sind vier Kinder, zwei Töchter und zwei Söhne, hervorgegangen:  

 

1. Theresia Deimel gnt. Assmann, geb. 19.02.1882, sie heiratete in der Pfarrkirche Schliprüthen am 15.02.1911 den Peter Anton Reuter, geb. am 15.07.1879 in Serkenrode als Sohn des Landwirts Peter Reuter und dessen Ehefrau Elisabeth, geb. Kayser. 

 

2. Franziska Deimel gnt. Assmann, geb. 1883, heiratete nach 1907 auf Stiesberg Hof in Sieperting. Näheres kann nicht berichtet werden, da das Copulationsbuch der Pfarrei Eslohe nur bis zum Jahre 1907 geführt wurde.  

 

3. Joseph Deimel gnt. Assmann (3), geb. 27.08.1886, Hoferbe, gest. am 11.12.1925 an einer Lungenentzündung. Er war im Jahre 1905 Gründungsmitglied des Musikvereins "Eintracht und Liebe" in Meinkenbracht.

 

 4. Otto Deimel gnt. Assmann. Nach dem frühen Tod seines älteren Bruders half er tatkräftig seiner Schwägerin bei der Bewirtschaftung des Hofes. Er zog später nach Wenholthausen in das Haus seiner Ehefrau, eine geborene Kran. Im Februar 1945 geriet bei einem Fliegerangriff auf den Bahnhof in Wenholthausen das Haus der Familie vollständig in Brand. 

Familienfoto, vermutl. um 1905 zur Silberhochzeit der Eheleute Joseph Deimel (2) und Theresia, geb. Klöpper. Stehend vlnr: ihre Kinder: Josef (3), Franziska, Theresia und Otto.
Familienfoto, vermutl. um 1905 zur Silberhochzeit der Eheleute Joseph Deimel (2) und Theresia, geb. Klöpper. Stehend vlnr: ihre Kinder: Josef (3), Franziska, Theresia und Otto.

Die Arnsberger Zeitung berichtete 1886

Am 2. Mai 1886 berichtete die Arnsberger Zeitung von einem Ereignis, dass sich einige Tage zuvor in Meinkenbracht zugetragen hatte. Josef Deimel (2) befand sich am Nachmittag, des 23. April 1886 auf dem Boden seines Hauses und war mit dem Einsacken von Getreide beschäftigt als ein Blitz in das Gebäude einschlug und den Dachstuhl entzündete. Der Bauer erlitt dabei die Bewusstlosigkeit, konnte aber noch rechtzeitig vor dem rasch umgreifenden Feuer gerettet werden. Auch konnte das Mobiliar vor Schaden bewahrt werden, bevor das Haus gänzlich niederbrannte. Die Feuersbrunst war so stark, dass auch das Nachbarhaus davon ergriffen wurde und in Schutt und Asche fiel. Vermutlich war auch dieses Haus mit Stroh gedeckt gewesen. Gelagerte Getreidevorräte, 80 Scheffel Roggen und 100 Scheffel Hafer, wurden ein Raub der Flammen. Ein Wiederaufbau des Hauses konnte bald erfolgen, da der Schaden durch die Brandkasse, die Gladbacher Versicherung, übernommen wurde. Die Vorräte jedoch waren nicht versichert und mussten mit barem Gelde zugekauft werden. Die Familie hatte dennoch Glück im Unglück, da kein Menschenleben zu Schaden kam. Auch Theresia, Josefs Ehefrau, hatte das schockierende Erlebnis unbeschadet überstanden. Sie war schwanger und erwartete im Spätsommer ihr drittes Kind. Josef (3), der spätere Hoferbe, wurde am 27. August desselben Jahres geboren. 

 

Die dritte Generation namens „Deimel“


Josef Deimel (3) wurde als Pionier im Ersten Weltkrieg rekrutiert.
Josef Deimel (3) wurde als Pionier im Ersten Weltkrieg rekrutiert.
Die junge Anna Kayser aus Obersalwey vor ihrer Vermählung mit Joseph Deimel (3)
Die junge Anna Kayser aus Obersalwey vor ihrer Vermählung mit Joseph Deimel (3)

Einsatz im Ersten Weltkrieg

 

Der älteste Sohn Josef Deimel (3), der am 27.08.1886 geboren wurde, hatte 1906 seinen Wehrdienst geleistet und wurde inmitten des Ersten Weltkrieges (1914-1918) zum Landsturm rekrutiert. Am 4. Oktober 1916 musste er, nun dreißig Jahre alt und unverheiratet, seinen Dienst beim Ersatz-Bataillon Regiment 25 in Mainz-Kastel antreten, wohl wissend, dass in Frankreich heftige Kampfhandlungen bestanden, die große Opfer gefordert hatten.

 

Nun musste er, so wie viele andere junge und wehrfähige Männer in dieser Zeit seinen Landsturm- Militärpass entgegennehmen und Mitte Januar 1917 mit der Pionier Kompagnie 370 nach Frankreich ins Feld rücken. Eine der wichtigsten Aufgaben der Pioniertruppe war das Anlegen und Beseitigen von Befestigungen und Brücken durch Anbringen von Sprengladungen, das Aufbauen von Panzersperren und die Sicherung der Stellungen durch Ausheben von Schützengräben. Folglich war Josef Deimel mit seiner Truppe an einigen Stellungskämpfen im Nachbarland beteiligt.

 

Sein Militärpass zeigt, dass er in der Champagne, nahe Reims, im französischen Flandern im Winter 17/18, dann wieder im belgischen Flandern, im Artois, in Lothringen, an der Marne und an der Maas, letztlich bis zum September 1918 dauerhaft im Einsatz war, bis man ihn am 19.09.1918 wegen Darmkatarrh ins Lazarett brachte. Dort blieb Josef Deimel bis zum 13.10.1918 und diente danach wieder im Pionier-Bataillon, bis er am 13.11.1918 nach Meinkenbracht mit der Führungsnote „gut“ entlassen wurde. Der Erste Weltkrieg hatte nach der Kapitulation geendet.  

Die „goldenen Zwanziger“ beginnen mit einer Hochzeit

 

Unversehrt aus dem Krieg zurückgekehrt, übernahm Josef Deimel (3) die Bewirtschaftung des Hofes. Schon bald wurde in Meinkenbracht Hochzeit gefeiert. Am 16.06.1920 geht er mit Anna Kayser den Bund der Ehe ein. Anna war in Obersalwey geboren am 06.03.1890. Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor: 

 

1. Cäcilia Deimel, geb. am 09.05.1921, gest. am 24.04.2012, Hoferbin, heiratete am 08.10.1947 den Schäfer Anton Gerke. Dieser wurde in Dormecke am 02.07.1911 geboren und starb in Meinkenbracht am 04.07.1987. 

 

2. Maria Deimel, geb. am 30.09.1923, gest. am 21.08.2013, heiratete am 18.05.1949 den Nachbarn Anton Harmann (geb. am 07.09.1923, gest. am 07.03.1999), Kinder: (1) Christa, geb. 02.08.1951, heiratete am 03.05.1973 den Franz Blome (geb. in Meinkenbracht am 18.08.1944), deren Kinder: Markus, geb. 20.02.1974, Nicole, geb. 22.02.1976, Christina, geb. 29.01.1982, (2) Alfons, geb. am 03.06.1953, heiratete am 14.06.1979 Marlies Schauerte, geb. in Obersalwey 10.07.1956, deren Kinder: Thorsten, geb. 26.07.1982, Tanja, geb. 27.06.1986

 

3. Anna Deimel, geb.am 05.09.1925, heiratete am 23.07.1947 in Salwey den Bauern Norbert Fisch (geb. am 05.10.1922 in Wenholthausen, gest. 18.02.1998), Kinder: (1) Alfons, geb. 05.09.1948, heiratete am 23.05.1975 in Salwey Hildegard Eickelmann (geb. in Dormecke am 05.09.1950), deren Kinder: Sonja, geb. 13.05.1977 (verh. mit Dirk Wiethoff, geb. 13.06.1972), Thomas, geb. 02.11.1978, Anne, geb. 20.03.1985, (2) Marie Luise, geb. am 06.04.1950, verh. mit Willi Bussmann (geb. 08.01.1947 in Sundern), deren Kinder: Mathias, geb. 18.10.1975, Annika, geb. 13.10.1977, Sebastian, geb. 15.04.1982



Trauer und große Sorgen

 

Unerwartet und viel zu früh starb der Vater Josef Deimel (3), gerade mal 39 Jahre alt, im Dezember 1925 an einer Lungenentzündung. Bereits ahnend, dass sein Leben bald enden könnte, ließ man am 9. Dezember den Gemeindevorsteher Schulte kommen, damit dieser den letzten Willen des Schwerkranken durch Aufnahme eines Testamentes niederschrieb. Es bestand die begründete Befürchtung, dass die Hinzuziehung eines Richters oder Notars zu spät kommt. So erschienen zudem noch am Krankenbett die benachbarten Landwirte Anton Schneider und Josef Hesse, damit diese als Zeugen beiwohnen konnten. 

Im vollen Besitze seiner Geisteskräfte verfügte Josef Deimel, dass nach seinem Ableben die Ehefrau das gesamte Vermögen und damit auch den Hof zu Eigentum erhalten solle. Die drei Töchter Cäcilia, Maria und Anna, letztere war ein Baby im Alter von drei Monaten, sollten jeweils eine Abfindung von dreitausend Reichsmark mit Vollendung des 21ten Lebensjahres erhalten. Das war eine Wertfindung, die eigentlich nur einen symbolischen Charakter haben konnte, wenn man bedenkt, dass zu diesem Zeitpunkt erst gerade zwei Jahre vergangen waren, dass eine Währungsreform, - die erste, aber auch nicht die letzte innerhalb eines Vierteljahrhunderts – eine galoppierende Geldentwertung stoppte. 

Auch bedachte Josef in seinen letzten Stunden den jüngeren Bruder Otto für „seine treu geleisteten Dienste“. Diesem sollte der Wert von einhundert Raummeter Tannenschleifholz in Reichsmark ausgezahlt werden. Er könnte aber auch dieses (eigentlich minderwertige Fichtenholz, dass für die Papierherstellung oder für Paletten genutzt wird) selbst im Walde schlagen und den Erlös dafür an sich nehmen. Auch sollte Otto Deimel das auf dem Hof befindliche Fohlen zum Eigentum erhalten. Weiter hatte er nichts zu verfügen. 


Das Protokoll unterzeichnete der sog. Erblasser selbst, die beiden Zeugen und Vorsteher Schulte. Es mag für den schwerkranken Josef Deimel eine Beruhigung gewesen sein, nun alles für ihn in seiner prekären und unumkehrbaren Situation geregelt zu haben. 

 

Doch letztlich kam es auf ein gutes Einvernehmen zwischen den Familienangehörigen an, die er nun zurückließ. Sie mussten, nachdem Josef Deimel für immer seine Augen schloss, ihr leidvolles und mit großer Trauer behaftetes Leben über viele Jahre alleine in den Griff bekommen. Eine harte Zeit begann für die Witwe, die jedoch der Mithilfe ihres Schwagers Otto Deimel und manchem hilfreichen Nachbarn, sicher sein konnte. Auch ihre drei Töchter, die über die Jahre zu hübschen jungen Frauen heranwuchsen, leisteten Hilfe und Unterstützung wo sie nur konnten. Sie waren der Mutter ganzer Stolz und Trost. 


Der Schäfer Anton Gerke aus Dormecke

 

Anton Gerke stammte aus dem kleinen Dorf Dormecke. Dort am 02.07.1911 als nachgeborener Sohn auf die Welt gekommen, hatte er sich schon früh dem Landleben verschrieben. Der Umgang mit Tieren lag ihm im Blut und schon früh, aus der Schule entlassen, hütete er einige Jahre die Schafe des Bauern Dünnebacke in Niedermarpe. Es folgten weitere Jahre in Niedersalwey, wo er sich schließlich 1934 selbständig machte und in Dormecke eine kleine Schafherde sein Eigen nannte (01).   

 

 

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs musste er wie viele seiner männlichen Zeitgenossen den Fahneneid schwören. Frankreich lernte er auf kriegerische Weise kennen; nicht als willkommener Gast. Wo es ihn danach unfreiwillig geführt hat und was er in den Kriegsjahren bis 1945 persönlich erleben und ertragen musste, darüber hat er sich Zeit seines Lebens in Schweigen gehüllt. Wenigstens kam er körperlich unversehrt und zu Fuß aus der Kriegsgefangenschaft in seine Heimat zurück.  

 

 War es Zufall, Vorsehung oder Kalkül, als er der zukünftigen Erbin des Assmann-Hofes in Meinkenbracht über den Weg lief? Cilli Deimel war die älteste der drei Schwestern auf diesem männerlosen Hof. 

 

In diesem Haus in Dormecke wuchs Anton Gerke auf.
In diesem Haus in Dormecke wuchs Anton Gerke auf.
Der Schäfer Anton Gerke in jungen Jahren.
Der Schäfer Anton Gerke in jungen Jahren.


Endlich eine männliche Unterstützung

Eine junge hübsche Frau: Cäcilia Deimel, die älteste Tochter und Erbin von Assmanns Hof.
Eine junge hübsche Frau: Cäcilia Deimel, die älteste Tochter und Erbin von Assmanns Hof.

Arg gelitten hatte ganz Meinkenbracht während der letzten Kriegstage im April 1945. Das Dorf war zwischen die Fronten gekommen. Tagelang lag es unter Beschuss der feindlichen Artillerie. Bange Tage und Nächte hatten die Dorfbewohner erleben müssen, die in ihren Kellern, in Erdbunkern und in einem stillgelegten Bergwerksschacht Schutz suchten. Obwohl mehrere Häuser in Brand gerieten und teilweise bis auf die Grundmauern niederbrannten, wurde Assmanns Hof kaum beschädigt. Da grenzte es an ein Wunder, dass kein Dorfbewohner zu Schaden kam. 

 

Bald zeigte sich in der Bevölkerung eine intensive Aufbruchstimmung, ein unbedingter Wille, die Zukunft besser zu gestalten und die Schrecken und Leiden der vergangenen Jahre hinter sich zu lassen. Vergessen? Nein, sicher nicht. Viele Menschen waren traumatisiert und hatten mit ihren Erinnerungen zu kämpfen. Wohl jeder auf seine Weise.

 

Auf Assmanns Hof jedoch herrschte Optimismus und Zuversicht ob der Tatsache, dass ein junger Mann um die älteste Tochter Cäcilia freite. Mit offenen Armen wurde Anton Gerke auf dem Hof empfangen. Für Mutter Anna Deimel brachte das Schicksal nach zwanzig Jahren Witwenschaft endlich wieder einen Mann auf den Hof, auf dem es mittlerweile an allem mangelte. Die schweren Jahre schienen jetzt überwunden. Zuversicht brach sich Bahn.

Die Zukunft konnte nur besser werden für alle Bewohner des Hofes und so kamen alle drei Schwestern binnen zwei Jahren (1947-1949) „unter die Haube“. Den Verlobungen folgten die Hochzeitsfeiern. 

 


Das Leben feiern, endlich wieder! 

 

In der Kirche St. Nikolaus in Meinkenbracht wurden Anton Gerke und Cilli Deimel am 08.10.1947 getraut. Mit dem jungen Brautpaar feierte eine große Gästeschar. Auf Assmanns Hof in Meinkenbracht fanden sich Verwandte, Bekannte und Nachbarn zu einer „gestandenen“ Bauernhochzeit zusammen. Eigens für diesen Anlass ließ der Bräutigam einen Hammel aus seiner Herde schlachten. Doch eine prall gefüllte Festtafel nach heutigen Maßstäben wird es nicht gewesen sein. Noch im Frühjahr waren nach einem der kältesten Winter des 20. Jhds. in den Städten die Lebensmittel rationiert. Nur noch 800 Kalorien am Tag standen dort einem „Normalverbraucher“ zu. Auch der Sommer 1947 war sehr trocken und eine große Dürre ließ Quellen versiegen und mancherorts die Ernte verdorren. Noch stand eine neue Währungsreform aus und viele Güter des täglichen Lebens waren nur im Austausch (Kompensation) zu erhalten. Die Bauern waren verpflichtet einen festgesetzten Teil ihrer Ernteerträge abzuliefern. Dennoch blühte der Schwarzmarkt in den Städten und eine gerechte Verteilung von Lebensmittel wurde behindert.

 

Und doch, oder gerade wegen des Vergessens und Ablenkens von düsteren Gedanken, hatten alle nur ein Verlangen: Wieder einmal ausgelassen und mit Freude feiern, Spaß erleben. Eine Hochzeit war da eine willkommene Gelegenheit. 

 

Alle Hochzeitsfotos stammen vom Fotografen Kappe aus Eslohe.


Die Familie Gerke auf Assmanns Hof in Meinkenbracht

Anton und Cilli Gerke sind 1954 das Königspaar der St. Nikolaus-Schützenbruderschaft in Meinkenbracht
Anton und Cilli Gerke sind 1954 das Königspaar der St. Nikolaus-Schützenbruderschaft in Meinkenbracht

Es folgten arbeitsreiche Jahre; Bemühungen, den Hof wieder wirtschaftlich auf die Beine zu stellen. Das in heimischem Bruchstein stehende Wohnhaus wurde ausgebessert und großflächig ein Außenputz aufgetragen. Da nun eigene Ländereien vorhanden waren, konnte Anton Gerke  seine Schwarzkopf-Schafherde, die zum Teil in der Kriegszeit verloren gegangen war, mit nach Meinkenbracht nehmen und dessen Bestand neu aufbauen. 1952 baute er hier einen neuen Schafstall und begann neben der Bewirtschaftung  des Hofes mit der Wanderschäferei. Im November 1954 legte er vor dem Prüfungsausschuss der Landwirtschaftskammer mit Erfolg die Prüfung zum Schäfermeister ab (02).

 

Anton und Cilli Gerke begründeten 1950 eine für lange Jahre gepflegte Tradition, die bei den Nachbarn im Dorf immer einen guten Zuspruch fand. In jedem Jahr, am Tage vor Buß- und Bettag, schlachteten sie einen Hammel und luden zum Essen in das Gasthaus Wiethoff ein. Damit bedankten sie sich dafür, dass die mittlerweile auf gut 250 Tiere angewachsene Schafherde auf den Wiesen und Feldern der Nachbarn umherziehen durfte. 

 

 

 

Bald aber kam wieder junges Leben auf den Hof. Es ertönte das Lachen und Lärmen ihrer Kinder, fünf an der Zahl. So gingen die Jahre ins Land, auch schicksalsschwere. 

 

Die Kinder der Eheleute Anton Gerke und Cäcilia, geb. Deimel, sind: 

 

1. Josef Gerke, geb. am 19.09.1948, verunglückt und danach gest. am 07.06.1971

2. Marianne Gerke, geb. am 16.01.1950, heiratete am 12.09.1973 den Ludwig Hoffmann, geb. 25.08.1948 in Eslohe, Sohn Ingo, geb. am 30.01.1975

3. Hildegard Gerke, geb. am 08.07.1952, heiratete am 30.05.1975 den Franz-Josef Willecke (geb. in Seidfeld am 16.02.1951). Die Eheleute leben in Sundern- Seidfeld, deren Kinder: Benedikt, geb. 21.03.1977, Mattias, geb. 09.06.1979, Michael, geb. 09.10.1982

4. Norbert Gerke, geb. am 22.11.1957, gest. am 12.09.2017, Hoferbe, ledig

5. Renate Gerke, geb. am 29.08.1959, heiratete am 02.10.1980 den Hermann-Josef Kleinsorge (geb. am 19.01.1954 in Heiminghausen), erwarben in Eslohe ein Wohnhaus, deren Kinder: Marina, geb. 29.06.1983, Pia, geb. 04.02.1986, Lisa, geb. 11.07.1988 

 

Bilder vom bäuerlichen Leben in Meinkenbracht:


Eine Hoffnung stirbt

Josef Gerke, der älteste Sohn, bei der Schafschur.
Josef Gerke, der älteste Sohn, bei der Schafschur.

 Josef, der älteste Sohn, sollte einmal in des Vaters Fußstapfen treten. Er hatte dieses Gen eines Schäfers von seinem Vater geerbt, doch das Schicksal wollte es anders.

 

An einem Sommertag im Jahre 1971 war Josef mit der Herde in Grevenstein unterwegs. Er ging voran und die Tiere folgten. Beim Überqueren der Straße raste ein Auto mit hoher Geschwindigkeit heran und Josef sprang noch im letzten Moment über die Leitplanke. Wie ein Wunder wurden keine Tiere verletzt, da der Wagen gerade noch zu stehen kam. 

Doch beim Sprung verletzte sich Josef und wurde nach Arnsberg ins Krankenhaus gebracht. Dort stellte man fest, dass sein Oberschenkel gebrochen war. Die Familie stellte sich darauf ein, dass Josef einige Monate benötigen würde, bis er seine Arbeit auf dem Hof wieder aufnehmen kann. Doch es kam ganz anders: Josef, die Hoffnung seiner Eltern, verstarb am 7. Juni 1971 unerwartet an einer Lungenembolie.

 

Die Familie schrieb zu seinem Totengedenken:

"Sein junges Leben war in seiner offenen und frohen Art das Glück seiner Eltern und Geschwister und die Freude seiner Umgebung. - Nicht trauern wollen wir, dass wir ihn verloren, sondern Gott danken, dass wir ihn hatten, ja auch jetzt noch besitzen; denn wer in Gott stirbt, ist nicht tot, er ist nur fern."

 

Nur der Ersatzkandidat?

Wohnhaus Gerke mit neuem Anbau in der Meinkenbrachter Straße 18
Wohnhaus Gerke mit neuem Anbau in der Meinkenbrachter Straße 18

Der plötzliche Tod des Ältesten war ein großer Schock für die ganze Familie. Die Eltern, die in ihm eine gute Zukunft für den Hof gesehen hatten, standen nun vor einer unerwarteten Situation, die verbunden war mit einer Frage: Ist Norbert, der jüngere, als Nachfolger geeignet und wird er bereit sein, den Hof der Eltern einmal anstelle seines älteren Bruders zu übernehmen?

Dem 15jährigen, der immer den Wunsch gehegt hatte, einmal das Handwerk des Tischlers zu erlernen, wurde nun eine Entscheidung abverlangt, die ihm keine Wahl ließ. Nun musste er Landwirt werden, auch um dem Wunsch der Eltern zu entsprechen.

Nach dem Besuch der Landwirtschaftsschule und Abschluss einer Lehre setzte Norbert seine ganze Kraft in die Entwicklung des Hofes. Er wollte die Eltern nicht enttäuschen, stand er doch unbewusst im ständigen Vergleich mit seinem verstorbenen Bruder, dem er so ähnlichsah.  Jetzt wollte er beweisen, dass er nicht nur ein Ersatzkandidat war.

Neue Maschinen schaffte er an, pachtete zusätzlich Flächen und vergrößerte den Kuhbestand. Des Vaters Schafhaltung war noch nicht aufgegeben, doch die Milchwirtschaft und die Waldbewirtschaftung wurden die eigentlichen wirtschaftlichen Standbeine des Hofes. Sie brachten ein erträgliches Auskommen für die Familie. Bereits jetzt stand fest: Die Schafhaltung, die Anton Gerke einst auf Assmanns Hof in Meinkenbracht aufgebaut hatte, war nicht von Dauer.


Veränderungen in der Familie und auf dem Hof

 

Die beiden älteren Geschwister Marianne und Hildegard waren bereits verheiratet und hatten den Hof verlassen, sind nach Eslohe und Seidfeld gezogen. Dennoch wurde Ende der siebziger Jahre das Wohnhaus um einen Anbau erweitert. Jetzt befand sich der Haupteingang zur Dorfstraße hin verlegt, attraktiv gestaltet mit einer Natursteintreppe. Dem Zeitgeist entsprechend zierte das Haus nun ein großer Balkon und große Fenster lassen Licht in die Räume fließen. Auch Renate, die Jüngste, zog bald aus ihrem Elternhaus aus. Sie hatte 1980 geheiratet und gemeinsam mit ihrem Ehemann in der Sormeckestraße in Eslohe ein Haus erworben. 

 

Norbert war wie sein Vater ein geselliger Mensch und mittendrin im dörflichen Geschehen. Das jährliche Schützenfest der St. Nikolaus-Bruderschaft in Meinkenbracht war sein jährliches Hochfest. 1983 tat er es seinem Vater nach, der 1954 seine Gattin zur Schützenkönigin machte. Norbert holte mit einem gezielten Schuss den Vogel von der Stange und nahm Mechthild Schulte vom Fuesthof, mit der ihn eine feste Freundschaft verband, zur Königin.  

 

Die Eltern Anton und Cilli Gerke hatten ihrem Sohn den Hof längst zu Eigentum gegeben, doch sie sahen noch nicht, dass es Zeit sei, sich aufs Altenteil zurückzuziehen, denn auch Großmutter Anna Deimel gehörte noch zum „häuslichen Inventar“. Sie hatte all die Jahre das Aufwachsen ihrer Enkelkinder und die Ereignisse auf dem Hof miterlebt und noch jetzt, im hohen Alter, nahm sie regen Anteil am Geschehen. Ihr waren die Sorgen und Mühen, die ihr ein hartes Leben beschieden hatten, buchstäblich „ins Gesicht geschrieben“.


Am 10. April 1984 schloss Anna Deimel nach kurzer Krankheit und vom Alter geschwächt, ihre müden Augen. Sie starb im Alter von 94 Jahren in Meinkenbracht, dort wo sie einst vor 64 Jahren der Liebe wegen eingeheiratet und ihr Zuhause gefunden hatte. 

 

Schon bald trennte sich der Vater aus gesundheitlichen Gründen von seiner Schafherde. Anton Gerke starb am 4. Juli 1987, zwei Tage nach seinem 76ten Geburtstag. Wie beliebt und bekannt der Verstorbene war, zeigt die Tatsache, dass die Westfalenpost nach seinem Tod berichtete und ihn als „aufrechten Sauerländer von echtem Schrot und Korn“ würdigte. 


Mutter und Sohn: Ein vertrautes Miteinander

 

Cilli Gerke und ihr Sohn Norbert waren ein gutes Team. Noch konnte sie ihm den Haushalt führen, denn auch die Töchter kümmerten und sorgten sich. So gingen viele Jahre ins Land, ohne dass sich der beiden Leben wesentlich veränderte. Doch die Mutter spürte zunehmend ihr Alter und es fiel ihr schwer, die gewohnten Arbeiten zu verrichten. Sie machte sich Sorgen um ihren Sohn, der noch immer allein durchs Leben ging.  Sie sah,  wie sich Norbert auf dem Hof mühte, allein tagein und tagaus seine Arbeit verrichtete. 

Januar 2007: Über Nacht hatte der Orkan „Kyrill“ die Wälder im Sauerland heimgesucht. Auch der Wald vom Assmanns Hof wurde nicht verschont und Norbert stand wie viele andere vor einer schier unlösbaren Aufgabe, die er nicht alleine lösen konnte. Es wurde eine Gemeinschaftsaufgabe aller Waldbesitzer. Zur gleichen Zeit setzte Norbert einen lang gehegten Plan um, riss den rückwärtigen, alten Gebäudeteil nieder und ließ einen neuen Rindviehstall anbauen, der zukünftig eine leichtere Arbeit für ihn versprach. Gleichzeitig kamen Photovoltaikanlagen auf die Dächer und es ergab sich, dass er in der Nachbarschaft Land ersteigern konnte. Er erhielt den Zuschlag. 

 

 Dann kam der Tag, den alle mit Gewissheit und banger Ahnung vorhergesehen hatten: Am Dienstag, dem 24. April 2012, nur wenige Tage vor ihrem 91ten Geburtstag, verstarb Cilli Gerke. 

Allein

 

Scheinbar steht der Bauer mit beiden Beinen fest auf seinem Acker, der sein eigen ist. Dennoch ist er nicht frei, kann nicht frei über ihn entscheiden. Gesetze und Auflagen verbieten es ihm und zwingen ihn an den Schreibtisch. Wäre es nur die urtypische bäuerliche Arbeit da draußen auf dem Land oder im Stall bei den Tieren, es wäre dennoch ein hartes aber erfüllendes Bauernleben. Dies hat sich verändert über die Jahrzehnte; schleichend und zunehmend belastender wurden die Bedingungen für ihn, den Landmann. Wie gut, wenn man da im Familienverbund wirtschaften und Aufgaben verteilen kann. Wie aufbauend, wenn man den Erfolg, noch wichtiger die Not und Sorge miteinander teilen kann. 

 

In den dunkelsten Momenten, die in der Geschichte von Assmanns Hof geschrieben wurden, waren immer Menschen da, die sich stützen konnten. Nun aber, nach dem Tod seiner Mutter, war Norbert Gerke allein auf seinem Hof, auf dem er erfolgreich wirtschaftete. Auch er gehörte zu denen, die nur unwillig „ihr Inneres nach außen kehren“. Es ist eine Eigenschaft, die einst schon Christine Koch trefflich beschrieb:

„Warum wollt Ihr uns schelten, uns, die Menschen vom hohen Bergland; dass wir geboren werden mit dem Siegel auf herben schmalen Lippen?“ 

 

Da sitzt manch Bauer stundenlang allein auf seinem Traktor und beackert Runde um Runde sein Land, während auch seine Gedanken sich unentwegt im Kreise drehen. Es sind Fragen, die er sich stellt, über seine und des Hofes Zukunft. Fragen, auf die er nicht immer eine zufriedenstellende Antwort findet. Ungelöste Fragen sind belastend und auf Dauer zermürbend. Kreisende Gedanken, die nicht mehr zu beherrschen sind. Norbert Gerke fand seinen Weg aus seinen Gedankenkreisen. Man fand ihn am 12. September 2017, ein schwarzer Tag für alle Angehörige, Bekannte und Freunde. 

Auf seinem letzten Weg begleitete ihn eine große Menschenmenge. Es war ein Zeichen dafür, wie sehr er beliebt und geschätzt war. Und über seinem offenen Grab stand nur eine Frage: „Warum?“.

 

Im Elternhaus fanden sich die drei Schwestern mit ihren Lebenspartnern zusammen und nahmen Platz am altvertrauten Küchentisch. Sie waren einig in ihrer Trauer und einig in ihrer Meinung: Der Assmann-Hof soll bestehen, auch in Zukunft in seiner Gänze! Das sind sie all denen schuldig, die einst hier auf diesem Hof gelebt und gearbeitet haben, sich um dessen Erhalt gesorgt und bemüht haben, um ihrer selbst wegen, aber auch für ihre Nachkommen. 

 

Anhang:

 

01. Aus den Kirchenbüchern der Pfarreien Eslohe, Stockum und Hellefeld können nachfolgende Eheschließungen und damit Bezug auf die Kinder der Eheleute genommen werden:

- Anna Maria Franziska Deimel, deren Geburtsdatum nicht genannt ist, hatte in der Pfarrkirche Stockum am 05.05.1836 den im Jahre 1812 in Brenschede geborenen Ferdinand Brehser, Sohn der Eheleute Peter Brehnser und Gertrud, geb. Meisterjahn, geehelicht. Trauzeugen waren August Esleben, Lehrer in Meinkenbracht, und Ferdinand Müller aus Brenschede. 

-  Franz Anton Deimel, geb. am 24.11.1812, er heiratete in Eslohe in I. Ehe am 23.02.1840 die 32jährige Bauerntochter Maria Anna Molitor gnt. Voss, geb. am 25.02.1808 in Kückelheim (Vermerk: „an Pastor Brüggemann zu Hellefeld überwiesen“) und damit auf den Hof ein. Die Eltern der Braut waren Johannes Molitor und Elisabeth Neuhäuser. Am 21.11.1843 geht er, wohl aufgrund Tods der ersten Frau, in Hellefeld die II Ehe ein mit Anna Maria Mathweis, geb. am 28.09.1822 als Tochter der Eheleute Joseph Mathweis und Catharina, geb. Funke. 

-  Johannes Deimel, geb. am 25.07.1816 

-  Franz Joseph Deimel, geb. am 17.09.1819

- Maria Elisabeth Deimel, geb. 07.04.1821, gest. in Kückelheim 03.11.1891, sie heiratete am 20.05.1847 in I. Ehe in Eslohe den Joseph Wagener, geb. 29.05.1815 in Kückelheim (dessen Eltern: der Schuster Joseph Wagener und Maria Anna, geb. Müller). Die Trauzeugen waren der Vater Philipp Deimel aus Meinkenbracht und Clemens Tillmann. Ihr erster Ehemann starb am 03.01.1860. Sie heiratete in II. Ehe am 05.07.1860 in Eslohe den Ackersmann Peter Anton Peitz gnt. Koch, geb. am 31.05.1822 in Kückelheim, gest. am 13.05.1863 (dessen Eltern: der Ackersmann Johannes Peitz und Anna Maria, geb. Koch zu Lochtrop). Die Trauzeugen waren Caspar Anton Hermes aus Lochtrop und Maria Catharine Neuhäuser aus Kückelheim. 

-  Christina Deimel, geb. am 17.04.1824

-  Johannes Friedrich Deimel gnt. Assmann, geb. 22.09.1830, heiratete in Hellefeld am 26.01.1858 die Maria Catharina Wiethoff gnt. Hüster, geb. am 26.01.1858 in Meinkenbracht als Tochter der Eheleute Franz Wiethoff und Elisabeth, geb. Lucas.

 

02. Im Jahre 1947 wurde vom Arbeitsamt Meschede- Brilon, Nebenstelle Finnentrop, für Anton Gerke ein Arbeits-Pass ausgestellt. Darin ist vermerkt, dass dieser seit 1934 als selbständiger Schäfer erst in Dormecke und dann in Meinkenbracht beschäftigt sei. 

 

03. Zeugnis der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe über die Schäfermeister-Prüfung: „Der Schäfergehilfe Anton Gerke, geboren am 02.07.1911 zu Dormecke hat sich am 8.11.1954 in Paderborn der Schäfermeister-Prüfung vor dem unterzeichneten Prüfungsausschuss unterzogen und das Gesamtergebnis befriedigend erzielt. Aufgrund dieser Prüfung ist er berechtigt, sich als Schäfermeister zu bezeichnen.“