Ein besonderes Fest im Dorf


Erinnerung an das Sallinghauser Kapellenjubiläum am 20.5.2004

2004 jährte sich die Weihe der Dorfkapelle in Sallinghausen zum fünfzigsten Male. 1954 wurde diese nach ihrer Neuerbauung wie ihre Vorgängerin dem Hl. Antonius geweiht. Jeweils war es ein festliches Ereignis, dass den Bewohnern unseres Dorfes gerne in Erinnerung geblieben ist. Das ist heute Geschichte. Wenn man es so nennen will, war der 20. Mai 2004 für Sallinghausen ein historischer Tag, den alle Dorfbewohner und ihre Gäste mit frohem Herzen und in vollem Bewusstsein der Bedeutung für das Dorf festlich begangen haben.

 

Wir konnten mit uns zufrieden sein, wir die Sallinghauser Dorfgemeinschaft, denn wir waren gute Gastgeber und haben unseren zahlreichen Gästen ein herzliches Willkommen vermittelt. In vielen Gesprächen kam dieses Aufgenommen sein in unserer Gemeinschaft immer wieder zum Ausdruck. Es bestand die Freude, nach langer Zeit mal wieder im Dorf zu sein und hier ein Fest zu mitzufeiern, Menschen zu treffen, alte Nachbarn und Verwandte, mit denen man lange Zeit keinen Kontakt mehr pflegen konnte.

 

Erfreulich war auch der Zusammenhalt im Dorfe. Alle, fast alle, konnten ihren Anteil zum Gelingen dieses Tages beitragen. Es war eine harmonische Mannschaftsleistung mit erfolgreichem Abschluss.  Pastor Adalbert Helmsorig, selbst seit Jahrzehnten ein Sallinghauser, gestaltete und zelebrierte mit sichtlicher Freude den Höhepunkt des Festes, eben die Messfeier am Vormittag. Nicht nur für ihn, so hat er später einmal geäußert, war es die schönste Messfeier, die er  in Sallinghausen gehalten hat.

 

Aus heutiger Sicht aber berührt die Tatsache, dass dieses besondere Dorfereignis noch viele der älteren Generation unseres Dorfes miterleben konnten. Sie fehlen heute in unserer Mitte, wie auch einige unserer Festgäste, die jetzt und hier nicht mehr unter uns sind. Aus unserem kleinen Dorf sind seitdem von uns gegangen: Anton und Elisabeth Mathweis, Josef und Wilhelmine Sapp, Leni Schulte, Franz Schulte, Anton Baust, Friedhelm Schulte, Otto und Gisela Feldmann, Eberhard Heymer.


Zum Anlass des Kapellenjubiläums verfasste ich einen Aufsatz über die Geschichte der alten und neuen St. Antonius- Dorfkapelle in Sallinghausen. Der Bericht ist in hier einem PDF-Dokument hinterlegt. 

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Als Ortbeauftragter des Dorfes hatte ich an diesem schönen Maientag im Jahr 2004 die besondere Aufgabe, nicht nur aktiv an den Vorbereitungen des Festes beteiligt zu sein, sondern auch unsere vielzähligen Gäste mit einer Begrüßungsansprache willkommen zu heißen. Hier der Wortlaut meiner Begrüßung mit Rückschau auf die Geschichte der Dorfkapelle St. Antonius d. Einsiedler („Fickeltünnes“ im Volksmund):

Sehr geehrte Gäste,  liebe Bewohner unseres Dorfes!

 

Es ist für mich eine Freude und Ehre zugleich, hier und heute, stellvertretend für die Sallinghauser Dorfgemeinschaft unsere Gäste begrüßen und Dank sagen zu dürfen.  Wir sind zusammengekommen, um ein freudiges Fest, ein Jubiläum zu feiern.

Ich wünsche mir sehr, dass der heutige Tag gleich wie der Tag der Kapellenweihe am Christi Himmelfahrtsfest vor fünfzig Jahren ein denkwürdiger sein wird, an den wir uns alle gern einmal zurück erinnern werden. Damit es so werde, bestand schon recht früh der einhellige Wunsch, Gäste zu laden, die, wie man so schön sagt, hier noch verwurzelt sind, ihre Heimat, eben einen besonderen Bezug zu unserem kleinen Dorf und seinen Bewohnern haben. Schon ein altes Sprichwort sagt: "Heimat ist, wo du wegwillst, wenn du älter wirst und zurückwillst, wenn du alt bist." 

Wir freuen uns, dass so viele Gäste unserer Einladung gefolgt sind und begrüßen alle recht herzlich, die sich auf den Weg nach Sallinghausen gemacht haben.  Wir begrüßen unseren Pfarrer Wolfgang Brieden und die Vertreter des Kirchenvorstandes und des Pfarrgemeinderates der Kath. Kirchengemeinde Sankt Peter und Paul Eslohe. Ein herzliches Willkommen den Anwesenden der Kapellengemeinschaften unserer Kirchengemeinde, unsere Freunde aus Niedereslohe, Sieperting, Bremscheid und Isingheim, mit denen wir uns sehr verbunden fühlen. Ebenso herzlich begrüßen wir Freiherrn Georg von Weichs. Unsere Verbindung zu Haus Wenne ist Tradition. Wir grüßen anwesende Vertreter der politischen Gemeinde und unseren Bürgermeister Reinhold Weber. Wir begrüßen alle Freunde und Förderer unserer Dorfgemeinschaft, die heute mit uns unser Kapellenfest begehen möchten. Ich wünsche allen Nachbarn einen guten Morgen und sage Dank.

 

Dank insbesondere denjenigen, die vor fünf Jahrhunderten den Mut zur Entscheidung hatten und ein beispielhaftes Durchsetzungsvermögen an den Tag gelegt haben, dieses Gotteshaus widrigen Umständen zum Trotz zu errichten. Wir sind froh, euch, die Vertreter dieser Generation sozusagen als Zeitzeugen in unserer Gemeinschaft zu wissen und gedenken derer, denen es nicht vergönnt ist, heute unter uns zu sein.

Ein herzliches Dankeschön sagt die Dorfgemeinschaft für die bereitwillige Unterstützung in den Bemühungen, unsere Dorfkapelle für den heutigen Tag wieder in einen ansehnlichen baulichen Zustand zu bringen.

Voran darf ich Pfarrer Brieden nennen, der viel Verständnis für unser Anliegen bereits seit geraumer Zeit zeigte und um bereitwillige Unter-stützung im Kirchenvorstand warb. Wir danken in diesem Zusammenhang auch Herrn Klaus Fiebig, der als Mitglied des Kirchenvorstandes für die Unterhaltung der Kapellen zuständig ist und seinen Rat in unsere Überlegungen mit einbrachte.

Einen besonderen Dank gilt in diesem Zusammenhang unserem Nachbarn, Pastor Helmsorig. Ohne Ihren Einsatz, Herr Pastor, wäre die wöchentliche Messfeier in unserer Kapelle nicht denkbar und damit die Finanzierung der Renovierung merklich erschwert. Danke auch für die gelungene Messfeier am heutigen Morgen. Ich weiß, dass Sie sich darauf mit sehr viel Freude vorbereitet haben und dass Ihnen dieser heutige Tag so wie vielen anderen Sallinghausern viel bedeutet.

 

Dank den freiwilligen Helfern bei der Vorbereitung und Durchführung des heutigen Jubiläumsfestes. In diesem Zusammenhang ein Kompliment an die Frauen, die seit  Jahren mit Eifer den Kapellendienst leisten. Gerne erwähne ich, dass die Familie Sapp bis dahin diesen Dienst versehen hat. Dafür gilt ihr, aber insbesondere ihnen, Frau Sapp, ein herzliches Dankeschön für die Jahrzehnte dauernde Aufgabe.

 

Ein Tag wie heute ist dazu angetan, Rückschau zu halten. Wir möchten dazu einladen.

Im Anschluss an diese Messe eröffnen wir hier in der Kapelle eine kleine Ausstellung. Ich habe Ihnen Zeitdokumente in Bild und Text zusammengestellt um allen Interessierten einen flüchtigen Einblick in die Sallinghauser Kapellengeschichte zu ermöglichen. Die Ausstellung ist eine Vorschau auf die geplante Kapellenchronik, die viele erinnerungswürdige Dinge für die Nachwelt erhalten wird. Unsere heutige Ausstellung erinnert an die uralte Vorgängerkapelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite, deren Abriss und den Wiederaufbau an neuer Stelle sowie an den festlich begangenen Einweihungstag, heute vor fünfzig Jahren. 

Gestatten Sie mir, die Situation hier im Dorf, so wie sich damals ergab, kurz zu skizzieren.

Franz Mathweis war es, der am 27. Mai 1954, so wie ich heute, zahlreiche Gäste begrüßen konnte. In seiner Ansprache kam die gemeinsame Freude und nicht ohne Stolz Dankbarkeit über das Gelingen dieses vorbildlichen Werks zum Ausdruck. Fühlbare Erleichterung entlud sich in der heiteren Feier in Feldmanns Scheune, denn Monate voller Aktivitäten waren überstanden, in die alle Dorfbewohner eingebunden waren.

Die Überlegungen zum Neubau der Dorfkapelle wurde ausgelöst durch eine Bemerkung des damaligen Esloher Pfarrers Karl Stolte. In der ihm eigenen unverhüllten Ausdrucksweise hatte er nach einer Messe in Bremscheid erklärt, die Sallinghauser Kapelle sei ein „Schweinestall“. Das ging doch gegen die Ehre der Sallinghauser, obwohl der schlechte bauliche Zustand der weit über 300 Jahre alten Sankt-Antonius-Kapelle unübersehbar war.

Feuchte Bruchsteinwände, bröckelnder Putz, innen und außen Verfall der uralten Bausubstanz. Muffiger Geruch durch eine nicht ausreichende Belüftung durch die wenigen, viel zu kleinen Fenster. Beklemmende Dunkelheit obwohl Franz Sternberg bereits seit November 1911 elektrisches Licht verlegt hatte. Nackter kalter Stein bedeckte den Boden des viel zu kleinen Gotteshauses. Man bedenke: Die Kapellen-Parzelle (Flur IV Nr. 139) wies nur eine Grundfläche von 37 qm aus, wovon fast ein Drittel auf die massigen Außenwände fiel. 1785 registrierte man in Sallinghausen 5 Wohnhäuser, in denen 35 Einwohner lebten. Doch 1954, zählte das Dorf 99 Einwohner. Die alte Dorfkapelle wurde nun auch den räumlichen Anforderungen nicht mehr gerecht. Es musste etwas geschehen.

Uneins und gespalten war die Dorfgemeinschaft jedoch darüber, ob das alte Gotteshaus nochmals renoviert werden sollte, so wie es Sieperting, Niedereslohe und Bremscheid bereits für ihre Kapellen entschieden hatten. Doch eine Mehrheit entschied sich bei der am 18. März 1953 durchgeführten Ortsversammlung für den Abriss der alten und den Bau einer neuen Dorfkapelle. Der Beschluss stand und es galt alsdann einen geeigneten neuen Standort zu finden, was schnell gelang.

Nun, es war die richtige Wahl: „Bei uns steht die Kapelle noch mitten im Dorf.“ Das können wir Sallinghauser seitdem mit Fug und Recht behaupten.

Eine neue Kapelle bauen: Es wurde zum Herzenswunsch unserer Väter und Großväter, nachdem die Entscheidung gefallen war. Sie zauderten und verzagten nicht, auch nicht im Blick auf die zu erwartenden, insbesondere finanziellen Opfer. Erst wenige Jahre nach Ende des schrecklichen Krieges war Optimismus angesagt, Vertrauen in die Zukunft, nicht Wehklagen, Jammern und Schwarzmalen, mit dem wir heute das neue Jahrtausend meistern wollen.

Pfarrer Brieden hat einmal geschrieben: „Der Mensch liebt es von alters her, inmitten seiner Wohnhäuser die Dorfkirche zu bauen. Sie soll ihn daran erinnern, wie sehr das Irdische das Himmlische braucht.“

1953 war die Zeit des Aufbaus und des Neubeginns in ganz Deutschland und dieses Lebensgefühl nahm in Sallinghausen nun in Form der neuen Kapelle Gestalt an. Einige Kriegsflüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten hatten Unterkunft im Dorf gefunden. Diese wurden mit ins Dorfleben einbezogen und nicht wie Fremde oder Buiterlinge behandelt.  Namen wie Grippahl, Pitz und Brüchner sagen vielen Bewohnern im Dorf heute noch etwas. Einige von ihnen trugen als fleißige und fähige Handwerker zum Gelingen beim Bau der neuen Dorfkapelle bei. Trotz der Inanspruchnahme in der Landwirtschaft leistete die männliche Jugend während der Sommermonate wichtige Hand- und Spanndienste, sodass Dorfbewohner und Bauhandwerker das Richtfest bereits am 28.Juli 1953 gebührend feiern konnten. Die Bauarbeiten schritten weiter zügig voran. Stiftungen der Dorfbewohner, sowie Schenkgebungen von Freunden des Dorfes trugen zum Gelingen und zum würdigen Herrichten des neuen Gotteshauses bei.

 

„Ein Denkmal, geschaffen für Jahrhunderte.“ Das war die Überschrift des Berichts in der Tageszeitung über den Tag der Kapellenweihe zu Christi-Himmelfahrt, dem 27. Mai 1954. Wie treffend erscheinen mir diese Worte gerade am heutigen Tage. Die Sallinghauser Bürger am Anfang der fünfziger Jahre haben ihrem Lebensmut ein Denkmal gesetzt. Sie machten sich zum Vorbild für nachfolgende Generationen. Und der gleiche Zeitungsbericht zitiert aus einem Briefwechsel von 1881 zwischen den befreundeten Komponisten und Dirigenten Prof. Franz Wüllner und Johannes Brahms. Wüllner schreibt: „Mein Vater stammt, wie du weißt, aus Sallinghausen, einem kleinen sauerländischen Dorf, dessen Bewohner seinen Erzählungen nach mit der göttlichen Forderung „Bete und arbeite“ wirklich ernst machen.“

 

Unsere Dorfkapelle präsentiert sich heute frisch renoviert, gerüstet für weitere Jahrzehnte. Sind wir es auch? Das 100jährige Kapellenjubiläum werde ich nicht mehr erleben, aber wohl meine Kinder. Und denen möchte ich versichern: "Immer dann, wenn der Untergang der Menschheit beschworen wurde, gab es Hoffnung auf eine Zukunft."

In diesem Sinne lasst uns heute alle miteinander mit hoffnungsfrohem Blick nach vorn ein fröhliches Fest feiern."