Erzbergbau fand auch hier statt


Der Abbau von Eisen-, blei- und Kupfererz in früherer Zeit

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(C) Wilhelm Feldmann

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Unsere sauerländische Heimat ist reich an verschiedenen Bodenschätzen. Dazu gehören Vorkommen an Blei, Zink und Kupfer, die man an Einzellagen fand, während das Braun- und Roteisenerz im gesamten heimischen Gebiet vorkam. Bereits im frühen Mittelalter, auch zur römischen Zeit, soll Blei in der Briloner Region gewonnen und Kupfer in Marsberg bergbaumäßig abgebaut worden sein. Der Eisenbergbau trat erst später im 16. Jahrhundert in den Vordergrund. Damals erblühte der Bergbau im Sauerland und wird als ursächlich für die Besiedlung und Gründung vieler Orte gesehen.  


Erzvorkommen im Gebirge der Homert

 

 

Das Homertgebirge war neben beträchtlichen Eisenerzvorkommen auch Fundort von Kupfer und teilweise silberhaltigem Bleierz, insbesondere im Raum Endorf bei Sundern. Bei Bönkhausen wurde bereits seit dem 14. Jahrhundert Blei abgebaut und für Endorf lässt eine urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1348 Bergbauaktivitäten vermuten. Der Ort wurde Ende des 16. Jahrhunderts unter Kurfürst Ernst von Bayern zur Bergfreiheit erhoben. Die damit verbundenen Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht. Endorf verlor das Bergamt und erschien im 18. Jahrhundert auch nicht mehr als Freiheit. Alte Aufzeichnungen belegen auch frühe Erzförderungen in Hachen mit Wennigloh und Hövel, Allendorf und Amecke. 

 

 

Die Stadt Sundern hat vor einigen Jahren den Bergbau im Bereich der nördlichen Homert erforschen lassen (01), auch vor dem Hintergrund, weil hier noch markante Hinweise im Gelände sichtbar waren. Verschiedene Stolleneingänge, Pingenfelder und Abraumlager zeugen noch heute von einem langanhaltenden und intensiven Bergbau. Zuerst wurden die oberflächennahen Vorkommen abgebaut, bis man die tieferliegenden durch Bau von Gruben und Stollen unter großen Erschwernissen, Gefahren und körperlichen Anstrengungen für die Bergarbeiter erschlossen. 

Das wasserreiche und bewaldete Sauerland bot die besten Voraussetzungen dafür, dass hier Erzbergbau betrieben werden konnte: In den Hüttenwerken wurde das Erzgestein verhüttet und das so gewonnene Roheisen in Hammerwerken zu Stabeisen und anderen Eisenwaren verarbeitet. Dazu nutzte man die Wasserkraft der Bäche und das Holz der Wälder. Holzkohle war damals die einzig nutzbare Energiequelle. 


 An zahlreichen Stellen dampfen zu jener Zeit die Meiler in den überwiegend mit Laubholz bewachsenen Bergen im Sauerland. Hier wurde Holzkohle zur Verwendung in den Hütten- und Hammerwerken hergestellt. Der Beruf des Köhlers ging damals eine Symbiose ein mit den Bergarbeitern, Fuhrleuten und Schmieden. Ihnen allen brachte der Erzbergbau Arbeit und Brot. 

 

Eine große Nachfrage nach Eisen bestand bis hinein in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648). Eisenerz aus dem Sauerland wurde für die Herstellung von Kanonen, Kanonenkugeln und Waffen benötigt. Holländische Kaufleute investierten deswegen um 1620 in den Bergbau und die Verhüttung im Sauerland. Im Kriegsverlauf wurden Rüstungsgüter, u.a. 1633 nach Amsterdam exportiert. 



Kloster Grafschaft und der Erzbergbau im Gemeindegebiet Eslohe 

 

Auch diesseits der Homert wurde, jedoch im geringeren Umfang, Bergbau betrieben. 1643 war Eisen aus dem Sauerland ein begehrtes Handelsgut für Kaufleute aus Bremen. Im selben Jahr ließ das Kloster Grafschaft, das im Erzbergbau eine gute Geldquelle entdeckt hatte, durch Bergleute aus Silbach einen neuen Eisensteinbruch „am Bulstein“ bei Niedersalwey anlegen (02)

Ein Pingenfeld in einem Waldstück bei Sundern wurde verursacht durch den Einsturz der unterirdischen Stollen bzw. Schächte
Ein Pingenfeld in einem Waldstück bei Sundern wurde verursacht durch den Einsturz der unterirdischen Stollen bzw. Schächte

Hinter diesem Bemühen steckt eine Geschichte: Kloster Grafschaft befand sich in einer langanhaltenden, sich weiter verschärfenden ökonomische Krise und geriet in finanzielle Not. Deshalb trat im Jahre 1612 Abt Gabel (lat. Gobelinus) Schaffen sein Amt an. Er war Cellarius, d.h. Verwalter im Kloster Abdinghof gewesen, bevor er vom Konvent des Klosters Grafschaft zum Abt ernannt wurde. Ein ausgezeichneter Ruf als Wirtschaftsverwalter begründete seine Wahl. Er nahm neue Kredite auf um die dem Kloster gehörenden und seit langem verpfändeten Höfe, so auch den Veltmans Hof in Heiminghausen, wieder auszulösen. Abt Gabel Schaffen gelang die finanzielle Sanierung des Klosters auch inmitten des Dreißigjährigen Krieges. Beachtliche Einnahmen erzielte er für das Kloster durch den Einstieg in den Erzbergbau. Bald unterhielt Kloster Grafschaft im gesamten Sauerland etliche Blei-, Kupfer, Silber- und Eisenerzgruben, sowie Hütten- und Hammerwerke. Zum großen Vorteil zeigte sich, dass es Eigentum an großen Waldflächen besaß und dadurch den größten Kostenpunkt, die Herstellung von Holzkohle, für sich zum Vorteil nutzen konnte. Der geschäftstüchtige Abt des Klosters, wurde zwar den Erwartungen, die man in ihn gesetzt hatte gerecht, scheiterte aber an seinem eigenen Ehrgeiz. Er entging einem Giftanschlag seiner Klosterbrüder und verließ 1632 Grafschaft. Sein Nachfolger führte die bergbaulichen Ziele seines Vorgängers   weiter. Aus der Bergfreiheit Silbach bei Winterberg, dort wo das Kloster etliche Silber-, Blei- und Eisengruben unterhielt, schickte man 1643 erfahrene Bergarbeiter ins Salweytal. Sie sollten im nahen Homertgebirge weitere Erzvorkommen für das Kloster erschließen, was letztlich gelang. 

 

Grund dieser Bemühungen war vermutlich die gute Absatzlage, von der die meisten Bergwerke in dieser Zeit profitierten. Die Zeit nach dem Westfälischen Friedenschluss 1648, war für den Bergbau im Sauerland wechselhaft, erfuhr Aufschwung und Krisen. In dieser Periode wurden noch weitere Eisenerzgruben erschlossen. Zu den bekannten Gruben kamen die in Hellefeld, Linnepe, Meinkenbracht, Berge und – wie geschildert - auch Salwey hinzu. (03) 


Mal Aufschwung, mal Krise

 

Das Gebiet der heutigen Gemeinde Eslohe ist zwar reich an Mineralien wie Kalkstein, Rot- und Brauneisenstein, Mangan-, Blei-, Zink- und Kupfererzen; ein geordneter Bergbau hat sich aber bei der geringen Mächtigkeit der Erzadern hier nicht entwickeln können. 

 

Dennoch ist Bergbautätigkeit rundum der Dörfer Nieder- und insbesondere Obersalwey überliefert, die mutmaßlich ihren Höhepunkt im 18. Jahrhundert fand. Durch die Mutung nach Eisenerz in der Homert erlebte Obersalwey einen raschen Aufschwung. Dort wurden verschiedene Stollen in den Berg getrieben, die zum Teil noch heute sichtbar sind. Die neue Verdienstmöglichkeit gab manchem nachgeborenen Sohn der alten Familien Arbeit und Brot, zog aber auch zahlreiche Fremde in das Dorf. 

Das zeigte sich bei den Einwohnerzahlen im Dorf Obersalwey: Während man um 1790 nur 100 Erwachsene und 23 Kinder zählte, wohnten kaum dreißig Jahre danach 282 Einwohner in 38 Häusern im Ort (04)

 

Entscheidend war für die Bergwerke die Mächtigkeit ihres Erzvorkommens. Dessen Abbau musste sich in barer Münze auszahlen. Für die Bergleute im Salweytal reichte letztlich die Ergiebigkeit für einen langanhaltenden und lohnenden Abbau nicht aus. So musste ein Stollenvortrieb auf Eisenstein in der Homert bei Obersalwey spätestens um 1840 aufgegeben werden (05).

 

Dementsprechend ging die Einwohnerzahl in Obersalwey zurück. Einige Bergleute verdingten sich beim Bergbau, u.a. in der Christianenhütte bei Sundern (06), andere wiederum suchten nach dem Erliegen des Bergbaus und der damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit ihren Familien ihr Glück in der neuen Welt. 


Die Eisenhütten

 

Zum Verhütten der Erze wurden einige Eisenhütten aufgebaut, die bald aus Mangel an Eisenstein wieder eingingen. 1768 wird von einer Esloher Hütte berichtet, die wie andere binnen dreißig Jahren aufgegeben wurde. Der Standort dieser Hütte in Eslohe ist jedoch nicht bekannt.  

 

Zu den ältesten Hütten zählt die Endorfer Hütte, heute im gleichnamigen Ortsteil von Sundern gelegen. Deren Ursprung wird schon im 15. Jahrhundert vermutet. Noch 1840 fanden darin sechzig Arbeiter Beschäftigung. Zehn Jahre später wurde diese geschlossen und Ersatz an der Röhr, nahe dem Dorf Recklinghausen, errichtet. Die Produktion im neuen Hüttenwerk wurde schon nach wenigen Jahren wegen fehlender Rentabilität eingestellt. 

 

Große Bedeutung für die heimische Region hatte die Wendener Hütte, nahe der Stadt Olpe. Sie versorgte sich mit guten Erzen, die auf schweren zweirädrigen Ochsenkarren herangeschafft wurden. Auch Holzkohle bezog sie aus weiten Bereichen des Sauerlandes für den Betrieb des Hochofens. Nachdem die Schmiede im Einzugsbereich von Salwey und Wenne ihre Hämmer auf die Stahlproduktion umstellten, wurden diese zu Kunden der Wendener Hütte. 

 

Sieben heimische Hammerwerke

Auf der besonderen Qualität ihres Roh- und Stahleisens beruhte danach der gute Ruf des Schmiedeeisens und Stahles der heimischen Hammerwerke. Von denen befanden sich sieben im Bereich der Gemeinde Eslohe.

Die vermutlich älteste Hammerstätte lag in Niedereslohe am Salweybach, wo bereits im 15. Jahrhundert ein Kupferhammer betrieben wurde: 1497 wird die „Kopperstrate“, heute: „Kupferstraße“, urkundlich erwähnt.

 

Noch im Jahre 1764 wurde hier Rohkupfer verfeinert, dessen Abbau in Teilen auch im nahe gelegenen Homertgebirge erfolgte. Wegen mangelndem Vorkommen wurde der Kupferhammer 1804 zu einem Rohstahlhammer umgestellt (07). 

 

Bildbeschreibung: Die Werkzeugfabrik Gabriel in Niedereslohe wurde um Jahre 1870 gegründet. Es war ehemals der Standort des Kupferhammers.  (Foto: um 1900)


Auch in Sallinghausen: Aufleben des Bergbaus im 19. Jahrhundert

 

Bereits um 1990 ging ich auf Entdeckungsreise bezüglich der Bergbau- Geschichte in unserem Dorf, denn es gibt eindeutige Hinweise, die auch in Sallinghausen auf Bergbau-Aktivitäten in früherer Zeit schließen lassen. Meine Anfragen und Kontaktaufnahmen bestätigten zwar Bergbau im 19. Jahrhundert, gaben aber kaum Hinweise auf einen spätmittelalterlichen Erzabbau vor Ort. Die Aussagen des Geologischen Landesamt NRW mit Sitz in Krefeld waren ernüchternd, bestätigen zwar Lagerstätten von Eisen- und Manganerzen, die jedoch unbedeutend seien und sich teils an der Oberfläche, teils auf oberflächennahen Klüften gebildet haben. Auf der Oberfläche der sog. „Finnentroper Schichten“ zwischen Eslohe und Wenholthausen sei es zur Anreicherung von Brauneisenerz gekommen, von denen aber heute so gut wie nichts mehr zu sehen ist, abgesehen von einigen „krotzigen Erzbrocken“ südwestlich von Sallinghausen. Nördlich von Sallinghausen liegt in den „Grevensteiner Schichten“ ein Fundpunkt von Blei- und Kupfererzen, die vermutlich nur unbedeutende Bleiglanz- und Kupferkiesvorkommen auf einer Querverwerfungsspalte sind. Alle genannten Erze seien ohne jede wirtschaftliche Bedeutung. 

Vom ehemaligen Preußischen Oberbergamt zu Bonn wurden insgesamt vier Bergbau-Berechtigungen im Jahr 1857 verliehen, die Sallinghausen unmittelbar betreffen (08). Es handelt sich um sog. „Mutungsrechte“, die in einer Übersichtskarte als Felder ausgewiesen sind. Das sind die auf Eisenerz verliehenen Rechte „Hedwig“, „Glückauf Segen XII“ und „Stahlberg I“. Auf Blei- und Kupfererz wurde das Mutungsrecht „Winter V“ verliehen.  Da Jahresberichte und Grubenbilder fehlen, lässt auch darauf schließen, dass auf diesen Feldern kein gewinnender Bergbau betrieben worden ist. 

 

Das Grubenfeld „Winter V“ wird neu erschlossen

Lediglich für das Feld „Winter V“ ist anhand des Verleihungsrisses (09) belegbar, dass in diesem Feld bereits vor der Verleihung der Rechte im Jahre 1857 begrenzt Stollenbergbau betrieben wurde. Die in den Grenzen dieses Grubenfeld liegenden Fluren sind auch exakt jene, in denen später Spuren von Bergbautätigkeit zu finden sind. Der Bauer Heinrich Heymer, geb. am 15.05.1898, kannte diese noch aus seiner Kinderzeit und zeichnete sie auf. 

 

Er beschrieb nach Erzählungen älterer Dorfbewohner, dass in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts ein reges Bergwerksleben in Sallinghausen bestand. Das unterstreicht das Datum der Verleihung des Mutungsrechtes an „Winter V“ im Jahre 1857. In dieser Zeit erlebte der Bergbau im Sauerland allgemein einen beachtlichen Aufschwung, der von der Preußischen Regierung gefördert und schließlich im Jahre 1865 im „Berggesetz“ gesetzlich geregelt wurde. Damit wurde das Verfügungsrecht der Grundeigentümer über die im Boden liegenden Mineralien ausgeschlossen. Das war für manchen Grund genug, sich an die alten Bergbautätigkeiten zu erinnern und alte Gruben und Stollen wieder zu aktivieren. 

Das geschah so auch in Sallinghausen, denn es waren zahlreiche Spuren einer ehemaligen Bergwerkstätigkeit vorhanden. Man musste sie nur wieder erschließen. 


Foto um 1900, sw, von mir coloriert und graphisch verändert. Es zeigt Sternbergs Haus hinter der alten Brücke von 1867, rechts der 1868 errichtete Stall vor der Steinkuhle. Hier befand sich der Stolleneingang.
Foto um 1900, sw, von mir coloriert und graphisch verändert. Es zeigt Sternbergs Haus hinter der alten Brücke von 1867, rechts der 1868 errichtete Stall vor der Steinkuhle. Hier befand sich der Stolleneingang.

Die Entdeckung einer Urkunde

 

Neben der Tatsache, dass im näheren Umfeld und im Dorf selbst vielzählige Hinweise auf eine längere Phase bergbaulicher Aktivitäten weit vor unserer Zeit hindeuten, lässt der Fund einer Urkunde aus dem Jahre 1614 aufhorchen. Sie fand im Rahmen der Recherchen von Frau Dr. Rörig (01) im Archiv Schloss Melschede bei Hövel Beachtung. Sie ist datiert auf den 15. Februar 1614 und besagt, dass am Blasius-Tag (3. Februar) eine Fuhre Stabeisen, dem Drosten zu Balve gehörend, in der Horst für den Transport nach Dortmund empfangen wurde. 

Insgesamt waren das 95 Stäbe; 58 Stäbe aus Hachener und weitere 37 Stäbe aus „Sellingkhuser“ Roheisen bearbeitet. Das „Sellingkhuser“ Eisen wog 7 Wage (Wage = 120 Pfund) und 4 Pfund. 

Wenn damit Roheisen aus Sallinghausen gemeint ist, stellt sich die Frage, wo die hier geförderten Erze verhüttet wurden. Es gibt keine Anzeichen dafür, ein Hüttenwerk im Dorf selbst zu vermuten. Denkbar aber ist der Transport des Erzgesteins zu einer der oben erwähnten Hütte; u.a. die genannte „Esloher Hütte“, deren Standort nicht bekannt ist. Eine weitere Frage stellt sich bezüglich des Transports des Roheisens. Ein Verkehrsweg über den Höhenzug der Homert (sog. Apothekerpfad zwischen Eslohe und Grevenstein) ist schon seit frühesten Zeiten bekannt. Ein Transport des Roheisens auf diesem Höhenweg über Grevenstein – Hellefeld – Sundern – Hachen ist nicht abwegig.    

Drei Sallinghauser und ihr kühnes Vorhaben

Sallinghausen um 1920 mit Blick auf den Henneberg, davor der Mühlenberg und Wohnhaus Schulte gnt. Eiken (rechts). Im Vordergrund Nurks Hof (Feldmann)
Sallinghausen um 1920 mit Blick auf den Henneberg, davor der Mühlenberg und Wohnhaus Schulte gnt. Eiken (rechts). Im Vordergrund Nurks Hof (Feldmann)

Franz Schulte gnt. Eiken (geb. 01.01.1827, gest. 28.03.1902), ein kräftiger und tatendurstiger junger Mann, hatte sich in den Kopf gesetzt, das alte Bergwerk neu zu beleben und fand Unterstützung bei seinen Nachbarn. Der Müller Franz Joseph Sternberg (geb. 22.10.1796, gest. 01.07.1875) und Oheim (10) Johannes Maths (geb. 10.05.1787, gest. 27.01.1864) auf dem Hof Mathweis, beide auf ihre Art beherzt auftretende Männer, beteiligten sich an diesem Unternehmen. Der damalige Amtmann des Amtes Eslohe, Ludwig Ashölter (11) unterstützte die Sallinghauser bei ihren Plänen, dieses Unternehmen in die Tat zu setzen. Schließlich reichte nicht allein der Mut zum unternehmerischen Risiko. Der Amtsschimmel musste zuvor in Bewegung gesetzt und Gläubiger gefunden werden, damit das nötige Kapital bereitstand. Schließlich bedurfte es der tätigen Hilfe vieler, die aus Vorzeiten bestehenden und längst verschütteten Grubenschächte wieder zu öffnen. Bevor das begehrte Erzvorkommen, sofern noch im ausreichenden Maße vorhanden, gefördert werden konnte, bedurfte es übergroßen Aufwand, Mühe und Kosten. 

 

„Vor der Hacke ist’s duster“

Foto um 1920 mit Blick auf den Mühlenberg, rechts neben Müllers Stall liegt der Steinbruch mit Stolleneingang
Foto um 1920 mit Blick auf den Mühlenberg, rechts neben Müllers Stall liegt der Steinbruch mit Stolleneingang

Dieser, bei Bergleuten bekannte Spruch, hatte auch in Sallinghausen seine Berechtigung. Er bezeichnet trefflich die Situation der Männer, die mit Schüppe und Hacke im Stollen standen, nicht wissend, ob sie auf brauchbare Erze stießen. Ihnen standen die heute üblichen Messverfahren nicht zur Verfügung und so glichen ihre Bemühungen einem Glückspiel, das letztlich nicht gewonnen wurde. 

 

Was zwei Jahrhunderte zuvor schon mit minderem Erfolg geschah, konnte trotz harter und entbehrungsreicher Arbeit keine Wiederholung finden. Die Ausbeute war nicht ergiebig genug, die Männer reich zu machen. Dazu zeigte sich der Abtransport des Erzes zu schwierig, da kein Hüttenwerk vor Ort bestand. Eine Bahnverbindung existierte zu dieser Zeit nicht. Schließlich gab man resigniert auf. 

 

 

Misserfolg und Schulden 

 

Die Ausgaben für Material und Lohn der Bergarbeiter konnten mangels Einnahmen nicht gezahlt werden. Übrig blieben unbeglichene Schuldscheine (12), für die Franz Schulte gnt. Eiken gezeichnet hatte. Für deren Ausgleich hatte er später vieles auf sich genommen. Inwieweit seine beteiligten Nachbarn in diese Schulden eintraten, ist nicht überliefert. 

Neben seiner kleinen Landwirtschaft, die Franz Schulte betrieb, arbeitete er als Tagelöhner bei den Bauern. Er muss ein arbeitsamer Mann gewesen sein, der dank seiner körperlichen Kondition imstande war, harte Arbeit auf sich zu nehmen. So bezeugen alte Schriften, dass er anstrengende Auftragsarbeiten annahm und auch ausführte.

Am Salweybach, Foto vor 1908 entstanden. Im Hintergrund ist der Steinbruch zu erkennen, in dem sich der Stolleneingang befand.
Am Salweybach, Foto vor 1908 entstanden. Im Hintergrund ist der Steinbruch zu erkennen, in dem sich der Stolleneingang befand.

Mit eigener Hand brach er Steine aus nahgelegenen Steinbrüchen und verbaute diese beim Brücken- und Wegebau. Im Jahre 1867 wurde in Sallinghausen die erste Steinbrücke über die Salwey errichtet. Eberhard Eickhoff, Besitzer des Schultenhofes in Sallinghausen, hatte sich mit dem Baumeister Pöttgen aus Meschede abgesprochen. Dieser sollte die Bauarbeiten durchführen, während Eickhoff Material besorgte. Er schrieb später: „Ich habe das Steinbrechen dem Franz Schulte im Eiken in Arbeit gegeben. Derselbe erhält pro Schachtrute (13) einen Thaler und feines Pulver. Die Steine werden in der fertigen Mauer gemessen und erhält derselbe für jede Rute (14) ein und ein Viertel Thaler vergütet.“ 

Im Juni 1887 quittierte Franz Schulte mit seiner Unterschrift den Erhalt von 150 Reichsmark, den ihm Eberhard Eickhoff bar für die Fertigstellung eines Weges über „das Hakenstück“ auszahlte. Er erhielt drei Mark je laufende Rute. Der Weg war fünfzig Ruten lang; nach heutigem Maße fast 190 Meter. 

 

 

Um seine Schulden zu begleichen, verkaufte Franz Schulte sogar Wertgegenstände und Möbel. Der Schreiner Johann Quinkert aus Niedereslohe vermittelte damals den Verkauf wertvoller Möbel von in Geldnot geratenen Bürgern an einen Händler im Ruhrgebiet. In Erinnerung blieb ihm dabei, dass Franz Schulte gnt. Eiken ihm Möbel zum Kauf anbot. Darunter fand sich eine wertvolle und außergewöhnlich schöne Truhe. (15)


Die Geschichte danach

 

Was letztlich blieb vom Bergbau in Sallinghausen, waren die viele Jahrzehnte sichtbaren Spuren im Gelände, Stolleneingänge, Pingen, Abraumhalden. Heute ist im besten Sinne des Wortes „Gras drüber gewachsen“ und wer nicht bewusst im Gelände nach Spuren ehemaliger Bergbautätigkeit sucht, wird sich dessen nicht bewusst. Jedoch zu unser Vorväter Zeiten waren diese Spuren noch deutlich sichtbar. Und so konnten diese davon erzählen, was schließlich Heinrich Heymer niederschrieb. 

Schächte und Stollen fanden sich im „Mühlenberg“. Der Stolleneingang lag in einer Steinkuhle im Dorf, wo der Müller Sternberg 1868 nach Einstellung des Bergbaus einen Stall errichtete. Das nebenliegende Grundstück mit Steinkuhle gehörte damals zum Eigentum des Franz Schulte. War das vermutlich der Grund, warum dieser sich so intensiv um die Wiederbelebung des Bergbaus bemüht hatte? Bezeichnend ist, dass dieses Stück Land zum Stolleneingang von Eiken-Schulten erst nach dem Ableben des Franz Schulte im Jahre 1902 an Sternbergs verkauft wurde. Der benötigte es 1905 zur Erweiterung seines Stalles und legte seinen Hausgarten dort an.

 

Als im Jahre 1908 die Arbeiten am Bau der Bahnstrecke Finnentrop – Wennemen im Dorf begannen, wurde der Stollen tangiert und stürzte ein. Der sich bildende Hohlraum wurde verfüllt. Wieder in Erinnerung kam der Stollen in den letzten Kriegstagen. Einige Sallinghauser räumten den Eingang frei und begaben sich einige Meter hinein. Zugegen war auch der Fabrikant Eberhard König aus Niedereslohe. Sie wollten prüfen, ob der Stollen Sicherheit bot und entschlossen sich lieber für den Bau von Unterständen in den Wäldern, um Schutz vor den Alliierten zu finden. Diese rückten am 11. April 1945 ins Dorf ein. 

Hinter dem Mühlenberg, auf dem sog. Hakenstück, führte ein Schacht herab in die Stollenanlage. Daran konnte sich der Bauer Franz Mathweis (geb. 04.12.1853, gest. 9.05.1941) erinnern. In seiner Jugend hatte dieser hier Seilwinde und Einstiegsleitern vorgefunden. Später warfen die Burschen dort Steine hinein, um mit der Zeitdauer des Falles dessen Tiefe zu messen. Es bildete sich hier eine Pinge, eine trichterförmige Vertiefung, nachdem der Schacht eingefallen war. Bis zur Flurbereinigung um 1930 führte der Weg vom Dorf direkt an der Pinge vorbei, um dann weiter hinauf zum „Windknochen“ zu führen. Der Weg wurde verlegt und die Pinge verfüllt. Zuvor war auch noch die Schutthalde für den Abraum am alten Hohlweg sichtbar und ist heute kaum noch als solche erkennbar. 

 

Heinrich Heymer berichtet weiter: „Ein weiterer Stollen befand sich im Siepen, der links in das Mathweis lange Stück hineinragte. Dem Mathweis ist an dieser Stelle später einmal ein Pferd versunken. Dann war auch ein Stollen, rechts von dem Sallinghauser Pfad, Hunnesnest genannt. Auch dieser wurde beim Bahnbau berührt. Ein weiterer befand sich am Rehenberg, oberhalb des Mühlengrabens im Waldstück des Franz Baust. Im Hohlenroth am Henneberg, rechts von der Sallinghauser Quelle, befand sich ein weiterer Stollen. Dann war rechts vom Siepen in der Schlade, in der sog. Bermecke, ein Stollen. Hier ist dem Gockeln (Baust) beim Eggen auch ein Pferd versunken. Heute gehört das Grundstück Nurks (Feldmann).“

 

Ein weiterer Stollen muss sich hinter der 1947 errichteten Mathweis Scheune befunden haben. Der Stolleneingang befand sich vermutlich im dahinterliegenden Siepen, das später zugeschüttet wurde. Es wurde berichtet, dass sich der Klang der Pferdehufe stets an gleicher Stelle des darüber führenden Weges veränderte, hohl klang. Das war ein Zeichen dafür, dass einige Stollen an vielen Stellen nur wenig unter der Erdoberfläche angelegt waren. 

 

Heinrich Heymer schloss seine Aufzeichnungen, die er in den Nachkriegsjahren aufs Papier brachte, mit den Worten: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass zur gegebenen Zeit die Sache nochmal von Neuem in Angriff genommen wird.“ 

Dieser Einschätzung meines geschätzten Nachbarn, der 1966 verstarb, kann ich heute keinen Glauben mehr schenken. 

 


Anhang:

01    Die Forschungsarbeiten, unterstützt durch die Stadt Sundern, fanden in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts ihren Niederschlag in einer Chronik über das Bergbau- und Hüttenwesen. Insbesondere waren Frau Dr. Rörig, Michael Senger und Wolfgang Kleffner (die auch oft ihren Platz am Schreibtisch mit Hacke und Schaufel tauschten) bei der Bearbeitung von Archivalien beteiligt. Die Chronik ist eine umfassende Dokumentation der Geschichte des Bergbaus und der Metallgewinnung im Raum Sundern und enthält Informationen über Bergwerke, Hütten und Hammerwerke in der Region. Sie ist Teil des Projekts „Montanwesen Herzogtum Westfalen“, das sich mit der Wirtschafts- Landes- und Ortsgeschichte des Herzogtums Westfalen befasst.

02     Das berichtet eine Akte von Kloster Grafschaft 21/22, die im Staatsarchiv Münster verwahrt ist.

03     Hinweis aus „Rund um Röhre und Sorpe“, Heimatblätter der Stadt Sundern, April 1989. 1. Folge

04    Aus dem Homert-Kurier, Ausgaben aus dem Dezember 1989 „Wechselvolle Geschichte im Salweytal“, deren Quelle: Vikar Wahle, 600 Jahre Dörfergemeinschaft Salwey

05    Diesen und andere Hinweise, die ich für meinen Aufsatz erhielt, entstammen aus den Esloher Forschungen Teil II, Seite 263 „Geschichte der Eisenindustrie der Gemeinde Eslohe – Hämmer“ von Felix Schauerte

06    Nach einem Arbeitsverzeichnis der Gewerkschaft „Kurfürst Ernst“ zu Bönkhausen wurden in den ersten zwei Quartalen des Jahres 1856 in der Christianenhütte bei Sundern und der Julianenhütte bei Amecke beschäftigten Bergleute geführt. Dabei fand sich der Name Franz Hoffmann aus Obersalwey, der in der Christianenhütte Arbeit gefunden hatte. (Westfalenpost vom 16.07.1988 „Einst gruben sie nach Eisenstein“

07    Die Entwicklung dieses Standorts ist eine eigene umfangreiche Geschichte, die bis in die Jetztzeit führt. Heute besteht hier das Esloher DampfLandLeute- Museum, als Industrie- und Heimatmuseum.

08    Schreiben des Landesoberbergamt NRW in Dortmund vom 30.01.1990 mit Anlage, einem Ausschnitt aus der Mutungsübersichtskarte im Maßstab 1: 25.000

09    Ein Verleihungsriss ist eine Karte, die im Bergbau verwendet wird, um die Lage, Größe und Begrenzung von gemuteten Grubenfeldern darzustellen.

10    Oheim ist ein alter Begriff für den Bruder der Mutter, also für einen Onkel

11    Ludwig Ashölter war in Eslohe seit 1828 Bürgermeister und für das Amt Eslohe, zu dem die Kirchspiele Eslohe, Reiste, Wenholthausen und Cobbenrode gehörten, ab 1841 bis 1851 Amtmann. Er starb am 30.08.1852 und konnte deshalb die Entwicklung des Bergbaus in Sallinghausen bis zum Ende nicht mehr mitverfolgen.

12    Anni Schulte, die zeitlebens unverheiratete Enkeltochter von Franz Schulte, wurde nach dem Ableben ihrer Mutter Eigentümerin vom Eiken Anwesen. Sie berichtete 1989 in einem Gespräch mit dem Verfasser, dass in ihrem Hause noch alte Schuldscheine verwahrt seien. Jedoch war sie nicht bereit, Einsicht zu gewähren und weiteres über ihren Großvater mitzuteilen. 

13    Die Schachtrute war ein deutsches Volumenmaß für Baustoffe, wie Sand, Kies und Steine und auch ein Maß für Aushub beim Bau und bei Erdarbeiten. Die preußisches Schachtrute maß 4,45 Kubikmeter (Quelle: Wikipedia)

14    Die preußische Rute war eine Zwölf-Fuß-Rute. Sie entsprach nach der offiziellen Umrechnung etwa 3,77 Meter.

 

15    Gesprächsprotokoll vom 4.11.1989 mit dem damals 85jährigen Josef Quinkert, in dem dieser berichtete, dass sein Vater Johann Quinkert ihm erzählt hatte, dass dieser die schönste Truhe, die er je zu Gesicht bekommen hätte, von Eiken angekauft habe.  


 

 

 

 

 

 

 

Dank sagen möchte ich dem Ehepaar Rudolf und Wiltrud Friedrich, die mich 1990 zu sich nach Sundern- Bruchhausen einluden. Mein Besuch dort galt vielen Fragen, die sich im Zusammenhang mit meinen Recherchen in dieser Zeit zum Thema Erzbergbau ergeben hatten.  Herrn Friedrich verdanke ich einige wichtige Hinweise und Frau Friedrich den leckeren Kaffee und Kuchen. Einige Zeit später erhielt ich, initiiert von Herrn Friedrich, über die Stadtverwaltung Sundern (Herrn Kleffner) Kenntnis über das in meinem Aufsatz erwähnte Schriftstück aus dem Archiv Melschede, bearbeitet von Frau Dr. Röhrig, die u.a. mit Rudolf Friedrich zusammenarbeitete. Sie lieferten letztlich einen zusätzlichen Nachweis über den stattgefundenen Erzbergbau in meinem Heimatort Sallinghausen, Anfang des 17. Jahrhunderts.