Ein Waldfrevel der besonderen Art


Über die Widrigkeiten mit denen Waldbesitzer heute kämpfen

So sieht es momentan in unseren Wäldern aus!!

Mengen von aufgearbeitetem Fichtenholz liegen zur Abfuhr bereit an den vom schweren Gerät ausgefahrenen Wegen. Die nachfolgende Fotostrecke zeigt traurige Bilder von Fichtenholz, welches eigentlich noch nicht zum Einschlag vorgesehen war. Der Borkenkäfer hat die Entscheidung darüber gefällt. Das sonnige Herbstwetter kann nicht über die aufkommende Missstimmung  hinwegtäuschen.  (wfoto mit Lumix FZ 330 am 10.11.2020)


Fichtenstämme, bereit für den Abtransport: Sie sind jetzt nichts mehr wert.
Fichtenstämme, bereit für den Abtransport: Sie sind jetzt nichts mehr wert.

„Hohe Tannen weisen die Sterne, wo der Strom fließt so still durch das Tal. Wiesen einst uns den Weg in die Ferne, grüßen uns nun zum aller letzten Mal …“

 

Dieser Liedtext kommt mir immer wieder in den Sinn, höre ich doch vom frühen Morgen bis zum späten Abend ringsum unser stilles Tal das Dröhnen der Motorsägen und das Knacken und Schlagen der fallenden Baumriesen. 

 

Es sind starke Fichten im betagten Alter, eigentlich kerngesund. Im Kern gesund ist dieser Baum, doch ein kleiner Käfer und seine vielzähligen Verwandten haben sich in seine Rinde eingebohrt um dort ihre Kinderstube einzurichten. Das warme und trockene Wetter der letzten Jahre sind ein günstiges Klima und so verbreiteten sich die Borkenkäfer-Nachkommen in Windeseile, fliegen hinaus aus ihrer Kinderstube und suchen neue Brutstätten zur Erhaltung ihrer Spezies. 

 

Ausverkauf in unseren Wäldern

 

Um diesen Werdegang zu unterbrechen und eine weitere Ausbreitung zu verhindern, werden  befallene Bäume vorzeitig geschlagen und dem Wald entnommen.  Es ist ein Wettlauf mit der Zeit und fordert seit Monaten solche Menschen, die ihr Geld mit dem Schlagen, Sägen, Schleppen und Transportieren von Bäumen verdienen. Die Menge an Fichtenholz, die nun in den Markt gehen, ist gigantisch und führte zu einem Preisverfall, der ohne gleichen ist. Nicht einmal die Schäden, die im Januar 2007 durch den Orkan „Kyrill“ entstanden, hatten diese Ausmaße an Kapitalverlust für die Waldbauern im Sauerland. 

Waldfrevel nannte man es früher, wenn der Wald durch unerlaubte Eingriffe beschädigt oder Aufwuchs in unerlaubter Weise entnommen wurde. Wie soll man es anders nennen, wenn vor den Augen der Politik und der Öffentlichkeit sich derzeit ein Ausverkauf der heimischen Waldwirtschaft vollzieht und die Existenz vieler Waldbauern im Sauerland bedroht?


Man(n) wundert sich und versteht nicht

 

Einen Teil des geschlagenen Holzes übernimmt die heimische Sägeindustrie. Aber aufgrund der enormen Mengen, die in kurzer Zeit aufgearbeitet werden, sind die Waldbauern auch auf den Export des Holzes angewiesen. Ein Großteil geht nach Übersee, u.a. nach China und in die USA. Ein großer Bedarf an Schnittholz aus der Fichte ist aufgrund des derzeitigen Baubooms auch im heimischen Markt vorhanden. Ihre Verwendung ist vielseitig: Sie wird für Dachstühle, Verkleidungen im Inn- und Außenbereich gebraucht. Aber auch für den Bau von Gartenhäusern, Zäune, Spielgeräte im Freien und vieles mehr ist Fichtenholz ideal und wird vorrangig eingesetzt. 

 

Deshalb ist der Absatz an Fichten- Schnittholz durch die Holzindustrie ungebrochen hoch; die Sägen laufen seit Monaten heiß. Ebenso ungebrochen wie der Preis, den der Verbraucher für das Endprodukt auf den Tisch legen muss. Obwohl seit Monaten eine riesige Menge Fichtenholz unsere Wälder verlässt und die Sägewerke ausgelastet sind, ist Bauholz derzeit auf dem heimischen Markt eine knappe Ware und die Preise für den Verbraucher so hoch wie nie. Das erstaunt Waldbauern und Bauherren gleichermaßen.

Und man wundert sich: Trotz kurzer Lieferwege sah sich die heimische Sägeindustrie in 2020 nicht in der Lage, den Waldbauern einen auskömmlichen Preis für das Fichtenholz zu zahlen. Sie lag mit ihren Angeboten, wenn auch nur geringfügig, unter denen, die Aufkäufer für den Export ins Ausland zahlen. Der Transport aus dem heimischen Wald, hin zu den Häfen und dann um den halben Erdball herum, scheint für den Erwerber in China oder den USA eine unwesentliche Rolle zu spielen. Begründen kann man das nur mit dem äußert niedrigen Kaufpreis des Holzes. Der lag 2020 ausnahmslos nur geringfügig über den Kosten, die der Waldbauer für Einschlag und Holzrücken selber tragen musste. Der Reinerlös nach Steuern war so gering, dass für die Wiederaufforstung der Waldflächen kein Geld übrigbleibt. Zwar verbesserten sich in 2021 die Abnahmepreise für die Fichte. Dennoch wird der enorme Kapitalverlust damit keinesfalls ausgeglichen und man kann nur gespannt sein, wie die Entwicklung weitergeht. Die Prophezeiungen der Experten lassen nichts Gutes für die heimische Forstwirtschaft erwarten!


Die Fichten treiben üppig Zapfen. Ein Zeichen dafür, dass sie "Not haben".
Die Fichten treiben üppig Zapfen. Ein Zeichen dafür, dass sie "Not haben".

 Wer ist schuld?

 

Der Klimawandel, menschengemacht und von vielen Zeitgenossen erst jetzt als Grundursache ausgemacht, war niemals Thema der Diskussion und tritt nun, wo es kurz vor Zwölf ist, in den Fokus der waldbaulichen Fachexperten. Und wie junge Sprösslinge aus dem Boden schießen, treten nun selbsternannte Fachleute auf den Plan. Sie haben es doch schon immer gewusst, dass die Probleme der Waldwirtschaft selbstgemacht und vorherzusehen waren.

 

Und wer heute über den Anbau der Fichte im Wirtschaftwald sein vernichtendes Urteil fällt, dem sei daran erinnert: Noch Anfang des 19. Jahrhunderts bestanden die heute ausgewiesenen Waldflächen aus Heide, Krüppelwald, Gestrüpp und Laubholz aus Stockausschlag. Die Holzbestände waren dezimiert, auch bedingt durch die Nutzung als Mailerholz für die Gewinnung von Holzkohle für die Stahlindustrie. Eine in die Zukunft gerichtete, also nachhaltig orientierte Waldwirtschaft war nicht vorhanden. Das änderte sich vor mehr als 150 Jahren. Der Anbau der Fichte (Picea abies) im Sauerland, von der preußischen Regierung propagiert, wurde zu einer Erfolgsstory. Dieses Kieferngewächs wurde der „Brotbaum“, war stets ein Segen für die Waldbauern, eine Sparkasse für klein-bäuerliche Betriebe, ein Notnagel. Und so wurde sie auch vom Waldbauer behandelt: Auf kargen Boden gepflanzt und aufgezogen, gehegt und gepflegt, immer wieder in Jahrzehnten durchforstet bis man im lichtdurchfluteten Fichtenhain mit Genugtuung betrachtend, eine Sicherheit für unbeständige Zeiten sehen konnte. Der jetzt so gescholtenen Fichtenkultur ist es zu verdanken, dass Deutschlands Städte, nach Ende des Zweiten Weltkrieges niedergebrannt und zerstört, neu wiederaufgebaut und erstehen konnten. Welche andere Baumart hätte in ihrer Menge zur Verfügung gestanden wie die Fichte? Auch der Bergbau im Ruhrgebiet profitierte lange Zeit von ihr, vom sogenannten „Grubenholz“. Doch das ist Schnee von gestern! Der Blick muss nach vorne gehen. 


Ein Wald voller Fichten. Dieses Bild wird es wohlmöglich in Zukunft nicht mehr zu sehen geben.
Ein Wald voller Fichten. Dieses Bild wird es wohlmöglich in Zukunft nicht mehr zu sehen geben.

Der Wirtschaftswald hat eine fragwürdige Zukunft

 

Täglich ändert sich unsere heimatliche Landschaft und das Auge muss sich an eine neue Sicht gewöhnen. Keine dunklen Fichtenwälder, keine hohen Tannen, die den fernen Blick begrenzen. Es wird ein neuer Wald entstehen, etwas Neues wachsen und sprießen. Die Natur hilft sich selber, lässt Auslese zu, die vom veränderten Klima in unserer Region profitieren wird. 

 

Doch soll der Mensch ohne Zutun der Natur freien Lauf lassen, so wie es unlängst ein Vertreter einer Umweltorganisation öffentlich propagierte? Dessen Aussage, den Wald sich selbst zu überlassen und nach achtzig Jahren könne man mal sehen, was als Holz zu nutzen sei, war blanker Hohn in den Augen aller Waldbesitzer. Und da werden Stimmen laut, die anstelle einer öffentlichen Förderung des Waldneubaus den staatlichen Erwerb von Privatwald vorziehen, was wohl einer Enteignung gleichkäme. Alles das will ein Waldbesitzer in dieser Zeit nicht lesen, noch hören! Es löst nicht sein Problem, sondern schafft Unsicherheit, Depression, ja Wut. Der Frust sitzt tief und jede Holzabrechnung, die ins Haus flattert, offenbart, wie ohnmächtig man als Waldbesitzer dem derzeitigen Marktgeschehen ausgeliefert ist. Und dann stellen sich die Fragen nach dem: Wie geht es weiter? Welche Baumart ist die richtige für die Zukunft? Wie finanziere ich die Wiederaufforstung? Wovon bestreite ich zukünftig mein Einkommen? Fragen über Fragen. 

 

Viele Waldbauern, die gerade ihre Haupterwerbsquelle verlieren, gehen einer unsicheren Zukunft entgegen. Vielleicht macht mein Aufsatz auch jene nachdenklich, die nur zuschauen und alles besser wissen!


Die Borkenkäfer-Plage

Gedicht von Mathilde Rischen, Eslohe- Bremscheid

 

Der Wald, ein Segen, da Gott ihn schuf.

Den Wald zu pflegen, ein schöner Beruf.

Viele Bauern haben so gedacht

und sorgsam über ihr Erbe gewacht.

Vorfahren haben einst den Grundstein gelegt,

gepflanzt und mühsam Jahr um Jahr gepflegt.

Daran erfreute sich nachfolgender Ackersmann,

denn er sah, wie die Bäume wuchsen heran.

Zuvor hat er Durchforstungen vorgenommen,

damit Zukunftsbäume genügend Platz bekommen.

Diese waren als Vorsorge fürs Alter gedacht,

dann traf es ein, das Malheur über Nacht.

Der Traum vom sicheren Alter ist schnell zunichte,

schon wieder steht dort eine rotbraune Fichte.

Trockene Jahre haben ihr den Schutz genommen.

Dem Käfer wars recht, millionenfach ist er gekommen.

Man muss es erleben, man kann es nicht glauben,

dass ein kleiner Käfer den Bäumen das Leben kann rauben.

Die Sägen kommen nicht nach und der Wald hat Not,

flächendeckend sind ganze Hänge schon tot. 

Experten und Bauern müssen hilflos sehen,

dass später vielleicht keine Fichte bleibt stehen.

Was kann man jetzt tun, was ist jetzt wichtig?

Aufforsten ist auf jeden Fall richtig.

Was pflanz ich, wann und welche Sorte?

Auch der Förster hat dazu keine Worte.

Die Vergangenheit bleibt zurück, keiner kann in die Zukunft sehen.

Es heißt die Devise: Es muss weitergehen!

Die Art der Bauern ist nicht zu verzagen,

mit Hoffnung und Vertrauen werden sie einen Anfang neu wagen.