Meinen Bericht schrieb ich 2014, einhundert Jahre nach Beginn des I. Weltkrieges. Er wurde in den Esloher Museumsnachrichten veröffentlicht und macht deutlich, wie zerbrechlich der Frieden in
Europa sein kann, wenn dessen Völker sich ihrer Gemeinsamkeiten nicht bewusst werden, ihrer kulturellen Wurzeln und ihrer Geschichte.
Wie wichtig es ist Krisen auf diplomatischen Wegen beizulegen, zeigt der Blick in die Geschichte des 20. Jahrhunderts, die geprägt ist von zwei Weltkriegen, die Europa in Schutt und Asche gelegt
und unsägliches Leid heraufbeschworen haben. Die Zahlen, Fakten, Hintergründe sind weitestgehend bekannt und durch die Geschichtsforschung belegt. Doch was der Krieg für die lokale Bevölkerung,
für die Dörfer und Familien, auch in Eslohe, bedeutet hat, ist längst nicht hinreichend dokumentiert. Mein Bericht eröffnet hier auch nur ein kleines Fenster in dieses bewegte Stück
Zeitgeschichte.
Verschiedene Quellen standen mir zur Verfügung, die mir halfen, meine Sicht auf die Geschehnisse vor einhundert Jahren zu erhellen. Wertvoll und ergiebig in Bezug auf die Verstrickung der Bevölkerung in die geschichtlich bedeutenden Ereignisse dieser Zeit ist das Kriegstagebuch meines Nachbarn Heinrich Heymer (1898 - 1966)
Es ist in diesem Sinne eher als ein Erlebnisprotokoll zu betrachten, hat dieser doch erst nach Ablauf dieser für ihn schwierigen und prägenden Lebensphase und im zeitlichen Abstand der Ereignisse, die Kraft gefunden, mit Papier und Schreibstift das Erlebte niederzuschreiben.
Seine Aufzeichnungen beginnen mit dem Tag wo erstmals die Bekanntgabe der Mobilmachung als Aushang im Dorf zu lesen war. Er schildert die anfängliche Euphorie aber auch die harte Ernüchterung nachdem das Blatt sich wendete.
Er selbst war zu Beginn des Krieges erst sechszehn Jahre alt, also fast noch ein Kind. Seine Eltern waren froh, über die Tatsache, dass ihr Sohn noch nicht im wehrfähigen Alter stand und sie rechneten, wie so viele Deutsche, mit einem schnellen Sieg und einem raschen Ende der Kampfhandlungen. Doch es sollte anders kommen, denn bereits zwei Jahre später wird Heinrich, nun 18 Jahre alt, wie er später schreibt „gerade passend zur Verdun-Front“ eingezogen.
Sachlicher und emotionsloser kann man dieses, für ihn einschneidende Lebensereignis nicht dokumentieren. Ist der Chronist Heymer in weitem Feld seiner Beschreibungen im Detail sehr freudig und ausschweifend, umso mehr ist er bemüht, die ihn bewegenden und sicher nachhaltig traumatisierenden Erlebnisse an der Front nicht preiszugeben.
Er hat nicht wie viele andere, das Schreiben als eine Art Befreiung gesehen und dazu benutzt, die schrecklichen und unbegreiflichen Ereignisse in der Verdun-Schlacht für sich seelisch zu verarbeiten. Sicher, Heinrich ist einer derer, die das Glück hatten, körperlich unversehrt aus diesem Krieg in seine geliebte Heimat zurück zu kehren. Doch keiner kehrt aus dem Krieg so zurück wie er gegangen war. Die Ereignisse von Verdun haben Heinrich Heymer für sein weiteres Leben geprägt und sein Denken beeinflusst. In welcher Weise er damit umzugehen wusste, bleibt sein Geheimnis.
Zum Thema "I. Weltkrieg" finden sich im Internet einige sehenswerte Seiten. Ich empfehle folgenden Link: