Sie ist angekommen:

Die Familie Nolte und ihr langer weg nach Sallinghausen


Ich erinnere mich:

 

Es war im Sommer 1962, in den Ferien bei Oma und Tante in Nuttlar (Gemeinde Bestwig). Eines Tages wurden die Schuhe geschnürt. Eine Wanderung stand an. Unser Weg führte durch den „Sengenberg“, westwärts durch Laub- und Nadelwälder, das Tal der Ruhr da drunten, hinauf in den Naturpark Arnsberger Wald. Nicht allzu weit erreichten wir das kleine Dorf Föckinghausen. Das war einst unser Ziel, denn Reh und Wildschwein erwarteten uns in ihrem Gehege. Ich war damals ein Schulbub von acht Jahren. Der erfrischende Sprudel, den ich damals im Gasthaus der Familie Knippschild genoss, ist mir noch heute in wacher Erinnerung. 

 

Nun, das ist sechzig Jahre her! Einiges hat sich in der Welt zwischenzeitlich verändert, auch in Föckinghausen. Das einstige Gasthaus ist zum ausgewachsenen Hotel mit Ferienhaus mutiert. Auch die Nachbarn, zwei Familien namens „Nolte“, vermieten Ferienwohnungen und Ferienhaus. Da das Dorf ein idealer Ausgangspunkt für Wanderer und Naturliebhaber ist, hat sich jetzt ein Ferienpark etabliert, aufbauend auf den ehemaligen Familienferienheimen der Caritas und einem Schulungsheim, das ursprünglich 1935 durch die „Deutsche Arbeiterfront“ in der Abgeschiedenheit errichtet wurde. Seit kurzem ist der Ausbau der Autobahn A46 vollendet, in dessen Abschnitt die höchste Brücke in NRW entstand. Sie durchkreuzt nun den einst beschaulichen Wanderweg durch den Sengenberg, der Nuttlar mit Föckinghausen idyllisch verband. 

 

Doch genug ist jetzt zur Entwicklung dieses Ortes in den letzten Jahrzehnten gesagt. Dass ich mich nun in die viel weiter zurückliegende Zeit der Entstehung der Siedlung „Föckinghausen“, in ihre Geschichte verliere, hat nicht allein seinen Grund in meinem eigenen Erleben, das ich anfangs schilderte. Es ist vielmehr meine Recherche, die ich zur Familiengeschichte Nolte in Sallinghausen unternahm. Sie führte mich unerwartet wieder ins kleine Dorf in der Gemeinde Bestwig. 


Von Föckinghausen nach Freienohl im Tal der Ruhr

Harte Arbeit früher: Waldarbeiter bei ihrer Arbeit
Harte Arbeit früher: Waldarbeiter bei ihrer Arbeit

Ein Aufsatz von Walter Gödde, Ortsheimatpfleger der Gemeinde Bestwig, den dieser über die Geschichte des Dorfes Föckinghausen verfasste, enthielt inhaltlich eine Erklärung für das, was ich schon aus den Kirchenbüchern der Pfarrei St. Nikolaus in Freienohl zur Familie Nolte erfahren konnte: 

 

Joseph Nolte (1) verließ seinen Heimatort Föckinghausen und ließ sich in Freienohl nieder, indem er am 24. Januar 1850 Gertrud Weber ehelichte. Sie war 1829 in Freienohl geboren. Ihr Vater war Philipp Weber. Aus der Ehe dieses Paares gingen zehn Kinder hervor. Gertrud verstarb in Freienohl 75jährig am 8. April 1904. Über das Datum der Geburt oder den Tod ihres Ehemannes Joseph Nolte lassen die Kirchenbücher nichts verlauten. Dennoch wird über dessen Herkunft und Beruf berichtet, dass dieser in „Föckinghausen bei Velmede“ geboren sei und sich als Tagelöhner und Waldarbeiter verdingte, ebenso wie es sein Vater Christian Nolte tat. Denn dieser verdiente mit seiner Ehefrau Theresia, so wie alle sieben in Föckinghausen lebenden Familien, ihren Lebensunterhalt im Holzfäller- und Köhlerhandwerk. 

 

Bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden auf diesem Plateau im Arnsberger Wald die ersten Wohnplätze einer kleinen Siedlung erbaut, aus dem sich das Dorf entwickelte. Baron von Lüninck aus Ostwig, in dessen Eigentum der Grundbesitz stand, warb für dort Köhler und Waldarbeiter an. Die Familie Nolte stammte ursprünglich aus Giershagen und Obermarsberg und siedelte sich nun hier an. Damals lebten in Föckinghausen mehr Menschen und es standen hier mehr Häuser wie in Bestwig, das früher ein Teil von Velmede war. In der Pfarrchronik von St. Andreas in Velmede ist über Bestwig zu lesen: „… Ein sehr angenehmer Ort, hat 3 Bauernhöfe, 2 Beiwohner, 5 Häuser, 36 Seelen“. 

 

Der Niederwald als neuer Erwerbszweig

Das Handwerk des Köhlers ist lange ausgestorben. Heute erinnern Meilerfeste an diese Tradition. Das Foto entstand während des Aufbaus des Meilers in Eslohe im Jahre 1985.
Das Handwerk des Köhlers ist lange ausgestorben. Heute erinnern Meilerfeste an diese Tradition. Das Foto entstand während des Aufbaus des Meilers in Eslohe im Jahre 1985.

In der zweiten Hälfte des 18ten Jahrhunderts kam mit der Verstärkung des Handels bescheidener Wohlstand ins Sauerland. Der Wald spielte in den wirtschaftlichen Erwägungen bis dahin nur eine geringe Rolle, denn es war kein Kulturwald wie wir ihn heute kennen. Bedeutsam wurde er nach der Auflösung der Marken. Aus Markengenossen wurden Eigentümer der Wälder. In dieser Zeit kam im Sauerland, wie auch im benachbarten Siegerland, die Eisenindustrie auf. Für die Verhüttung des Erzes wurde Holzkohle und Pottasche benötigt. In den Wäldern wurden überall Kohlenmeiler angelegt und die so gewonnene Holzkohle verkauft. Das brachte bares Geld für die Bauern, weniger Geld, dafür aber harte Arbeit für den Berufsstand der Köhler und Holzfäller. Diese übten ein schweres und gefahrvolles Handwerk aus. Ihr Leben war voller Entbehrungen und um über die Runden zu kommen, unterhielten sie eine kleine Landwirtschaft, ernteten ihre Feldfrüchte, die Früchte des Waldes und hielten Vieh zur Deckung ihres eigenen Bedarfs. 

 

Die ausgedehnten Laubwälder im Arnsberger Wald boten für lange Zeit eine ausreichende Grundlage dafür, Holzkohle für die Gewinnung und Schmelzung von Erzen herzustellen. Brennholz wurde zudem für das Kalkbrennen benötigt. Brandkalk war immer ein begehrter Baustoff, doch später erkannte man auch dessen Düngewirkung. Viele Bauern betrieben deshalb einen eigenen Kalkofen, für dessen Nutzung viele Fuder Brennholz nötig waren. 

Veränderungen im Laufe der Zeit

Waldarbeiter rasten nach dem Schälen der Rinde von den Fichten
Waldarbeiter rasten nach dem Schälen der Rinde von den Fichten

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Eisenindustrie enorm. Um 1817 zählte man allein im Siegerland 517 aktive Köhler, die jedoch den wachsenden Bedarf an Holzkohle bei weitem nicht erbringen konnten, sodass aus dem benachbarten Wittgensteiner Land, den Kölnischen Gebieten und dem Sauerland Holzkohle herangekarrt wurde. Erst nachdem ab 1860 nach und nach die Eisenbahn-Verbindungen zum Ruhrgebiet geschaffen waren, wurde die Steinkohle zur Haupt-Energiequelle. Da waren die Wälder hierzulande schon merklich dezimiert. Der Aufbau von nachhaltig zu bewirtschaftenden Nadelholz- Hochwäldern (Fichten) begann. Die intensive Niederwald-Bewirtschaftung ging zurück und damit auch die Erwerbsgrundlage vieler Köhlerfamilien. 

 

Noch heute sind zwei Familien in Föckinghausen ansässig, die den Namen Nolte tragen.  Das ist wie folgt begründet.

 

Als Joseph Nolte 1850 sein Elternhaus verließ, war es vermutlich ein älterer Bruder, der die Tradition des Köhlerhandwerks in Föckinghausen weiterführte. Denn nur zwei von ehemals sieben Familien, Knippschild und Nolte, blieben an ihrem Wohnort, auch nachdem bei einem Großbrand Ende des 19. Jahrhunderts die meisten Häuser vernichtet sind. Sie wurden nicht wieder aufgebaut, da die Menschen hier keine Zukunftschancen mehr sahen und sich in den umliegenden Orten ansiedelten. Die Verbliebenen aber erwarben vom Baron ihr Haus, in dem sie lebten und sahen weiterhin Möglichkeiten, an ihrem angestammten Ort ein Auskommen zu haben. Sie waren später maßgeblich daran beteiligt, dass sich Föckinghausen zu einem bekannten Ferienort entwickelte. Die Familie Knippschild, die heute ihr Hotel „Waldhaus Föckinghausen“ in siebter Generation führt, erwarb 1830 das Haus vom Adeligen. Dieses wurde ursprünglich im Jahre 1746 erbaut, also zu der Zeit, in der hier einst mit dem Köhlerhandwerk begonnen wurde. 


Die nächsten Generationen der Familie Nolte

Anna Nolte mit ihren beiden Kindern Theodor und Maria vor ihrem Haus in Freienohl. Am Haus ist die Nummer 47 und rechts weitere Häuser im Dorf zu erkennen.
Anna Nolte mit ihren beiden Kindern Theodor und Maria vor ihrem Haus in Freienohl. Am Haus ist die Nummer 47 und rechts weitere Häuser im Dorf zu erkennen.

Denkbar ist, dass es verwandtschaftliche Bindungen mit dem Ort im Ruhrtal gab, dass Joseph Nolte (1) dort ein Mädchen freite und letztlich ganz Fuß fasste. Denn die Kirchenbücher aus Freienohl berichten auch, dass schon Anfang des 19. Jhd. eine Familie namens Nolte in Freienohl lebte: Am 02.12.1809 heiratete Caspar Nolte, der aus Heringhausen bei Bestwig stammte (Eltern: Hermann Nolte und Elisabeth Niggemann) in St. Nikolaus die Anna Maria Elisabeth Funke gnt. Schilling (Eltern: Caspar Funcke gnt. Schilling und Anna Catharina Krick). 

 

Die Familie Joseph und Gertrud Nolte war katholischen Glaubens. Zehn Kinder erhielten nach den Eintragungen im Kirchenbuch in St. Nikolaus das Sakrament der Taufe:

 

 

01. Joseph Nolte (2), geb. am 27.04.1850, der älteste Sohn, heiratete am 26.04.1873 Elisabeth Kaulmann (Eltern: Anton Kaulmann und Maria Lardon). Die Geburt einer Tochter ist bekannt: Christina, geb. am 18.09.1874. Ein Josef Nolte wurde 1887 in Freienohl Schützenkönig. (Seine Königin: Josefa Becker, wohlmöglich herrscht dort die Sitte, eine fremde Frau zur Königin zu nehmen)

 

02. Maria Anna Nolte, geb. am 18.12.1852

03. Friedrich Nolte, geb. am 08.05.1856

04. Franz Nolte, geb. am 17.02.1858, starb vermutlich als Kleinkind

05. Caspar Nolte, geb. am 21.02.1859 (Zwilling)

06. Mathilde Nolte, geb. am 21.02.1859 (Zwilling), starb bereits am 01.03.1859

 

07. Franz Nolte, geb. am 08.07.1861, heiratete am 29.10.1887 Barbara Lehmenkühler (gest. 20.04.1913, Eltern: Arnold Lehmenkühler u. Maria (od. Wilhelmine?)

 

08. Bernhard Nolte, geb. am 18.04.1864

09. Catharina Nolte, geb. am 26.11.1866

 

 

10. Theodor Nolte (1), geb. am 02.12.1869. Er war das jüngste Kind der Eheleute, dessen Lebensweg wir weiterverfolgen wollen.


Ein neuer Zweig der Familie entsteht in Freienohl

Auch der jüngste Spross im Hause Nolte wuchs im Ruhrtal auf. Die Tradition in seiner Familie, den Lebensunterhalt durch vielfältige Dienstleistungen, dem Pflanzen, Hegen und Pflegen der Kulturen sowie dem Holzeinschlag im Wald zu verdienen, wird ihn geprägt haben. Vielleicht hat auch die Jagd, das edle Weidwerk, mit dem Aufspüren, Verfolgen und Erlegen des Wildes zu seinem Berufswunsch geführt, Förster zu werden. 

 

Am 12. Oktober 1892 heiratete Theodor die drei Jahre jüngere Antonia Frank (geb. am 10.12.1872). Auch diese war in Freienohl geboren und aufgewachsen als Tochter des Tagelöhners Nikolaus Frank und dessen Ehefrau Christina Spies. Die gemeinsame Zeit der beiden währte kaum zehn Jahre, als Antonia verstarb. Für seine Jungen, die geboren waren, musste der noch junge Witwer nun alleine sorgen. So ging er am 12. Januar 1903 in Freienohl erneut eine Ehe ein. Seine zweite Frau wurde Anna Krasinski, wie er selbst katholischen Glaubens und war geboren am 29.03.1872 in Zychen, Kreis Löbau, im Freistaat Sachsen. 

 

Am 09.10.1905 wurde ein Sohn geboren, den sie des Vaters Namen gaben: Theodor Nolte (2). Es kamen noch zwei Geschwister auf die Welt; die Mädchen Maria und Leni. Die Kinder wuchsen in Freienohl auf, bis der Vater eine neue Dienststelle annahm und die Familie mit ihm in eine neue Wohnstätte zog. 

 

 

 

 

Bildbeschreibung (rechts): 

Anna Nolte mit ihren Kindern Theodor (2), Maria und Leni. Dahinter steht vermutlich ein Stiefsohn aus der ersten Ehe ihres Mannes. Mit dabei ist der Diensthund des Försters.

 

Im Försterhaus auf Gut Wenne

 

Baron Clemens von Weichs suchte einen Nachfolger für den scheidenden Gutsförster Hardebusch. Theodor Nolte (1) erhielt die Anstellung auf Gut Wenne und zog mit seiner Familie in das alte, idyllisch am Ufer der Wenne gelegene Försterhaus. Es war ursprünglich Wohnstätte eines der Heuerlinge, die Erbpachtrechte auf Gut Wenne besaßen. Eine Familie namens „Auwers“ soll darin gewohnt haben. Nachdem deren Recht verloren ging, wurde das Haus zur Dienstwohnung für den jeweiligen Förster auf Gut Wenne. In den Aufzeichnungen des Heinrich Heymer, Bauer aus Sallinghausen, ist zu lesen: „Als bekannte tüchtige Försterfamilien wirkten dort Hardebusch aus Bremke und Theodor Nolte aus Freienohl.“ Im Jahre 1961 wurde das alte Försterhaus auf Gut Wenne wegen Baufälligkeit abgebrochen. Doch da hatte die Familie Nolte diesem Ort schon Jahrzehnte vorher den Rücken gekehrt. 

Die Familie Nolte im Försterhaus auf Gut Wenne. Rechts erkennt man eine hölzerne Brücke, die über die "Wenne" führte. Das Foto entstand auf Pfingsten 1924.
Die Familie Nolte im Försterhaus auf Gut Wenne. Rechts erkennt man eine hölzerne Brücke, die über die "Wenne" führte. Das Foto entstand auf Pfingsten 1924.

Die Familie baut ihr eigenes Haus im Mühlental Nr. 1

Förster im Ruhestand Theodor Nolte (1) mit seiner Ehefrau Anna
Förster im Ruhestand Theodor Nolte (1) mit seiner Ehefrau Anna

Die Pensionierung des Försters Theodor Nolte (1) war absehbar und damit auch verbunden der Wegzug der Familie von Gut Wenne.

 

Der Sohn Theodor (2), der als Hilfsarbeiter tätig war, heiratete am 23.01.1930 in Stadt Hagen die Bauerntochter Pauline Willmes, die am 16.12.1904 in Kirchrarbach geboren war. (Ihre Eltern: Josef Willmes, geb. 23.12.1869 in Kirchrarbach, gest. am 11.01.1957 im Krankenhaus Meschede an Magenkrebs, verheiratet am 25.05.1895 in Bödefeld mit Maria Hücker, geb. am 13.01.1869 in Westernbödefeld, gest. am 21.02.1921 in Kirchrarbach an einer Rippenfellentzündung.) Das junge Paar erwartete in wenigen Wochen ihr erstes Kind. Theodor (3) wurde am 25.02.1930 geboren. Es folgte die Geburt einer Tochter. Eugenie erblickte am 21.01.1932 das Licht der Welt. 

 

Die finanzielle Situation der jungen Familie wird nicht rosig gewesen sein. So fassten Theodor (2) und seine Schwester Maria um 1930 den Entschluss, gemeinsam einen Hausbau zu wagen um damit ein neues Zuhause für die gesamte Familie zu schaffen. Dem Grundstückserwerb von Poggel, Niedereslohe, folgte der Hausbau mit einfachsten Mitteln und bald zogen Jung und Alt in ihr neues Heim „im Mühlental Nr. 1“ ein und es folgten trotz der widrigen politischen Verhältnisse nach der Machtergreifung der NSDAP 1933 einige unbeschwerte Jahre.

Theodor Nolte (2) war ein geselliger Mensch und spielte in seiner Freizeit auf der Trompete. In Wenholthausen bestand seit 1902, gegründet von elf Mitgliedern, ein Musikverein. Als dessen erster Dirigent wird ein Anton Speckenheuer genannt. Der Verein wurde 1924 erstmals als „Musikverein Lyra“ genannt. In diesem war Theodor Nolte aktives Mitglied und sie spielten auf den Festen zum Tanze und frohem Gesang auf. Solange, bis der Zweite Weltkrieg, ausgelöst durch die Schreckensherrschaft der Nazis 1939 begann. 

Ein Abschied ohne Wiederkehr

Theodor Nolte (2) als Soldat im Zweiten Weltkrieg
Theodor Nolte (2) als Soldat im Zweiten Weltkrieg

Im Herbst 1940 erhielt Theodor Nolte (2) seinen Einberufungsbescheid zum Kriegsdienst. Als er sich von seiner Familie verabschiedete, waren seine Kinder (Eugenie und Theo) gerade sieben und neun Jahre alt. Theodor war von Beginn des Ostfeldzuges an im Einsatz. Anfang August 1942 besetzte die Wehrmacht die Taman-Halbinsel beim Vormarsch auf den Kaukasus. Bis zum Oktober 1943 verblieb das Gebiet als Brückenkopf in deutscher Hand, um den Rückzug der Wehrmacht aus dem Kaukasus auf die Krim zu decken. Das aber konnte Theodor nicht mehr erleben. Er erkrankte an Fleckfieber und wurde in ein Feldlazarett gebracht, wo er letztlich verstarb und auf einem Heldenfriedhof bei Starotitarowskaja (Russland) beigesetzt wurde. 

Nachdem die Familie die Nachricht von seinem Tod erhielt und damit die traurige Gewissheit bestand, ihren Verstorbenen für immer verloren zu haben, verfassten sie eine Trauernachricht mit einem Foto:

 

„… Im festen Glauben an seinen Erlöser gab er sein junges Leben in die Hände seines Schöpfers zurück, nachdem er seine ganze Manneskraft seinem Vaterlande, in den schweren Abwehrkämpfen gegen den Bolschewismus geopfert hatte. Wie im Leben seine ganze Liebe und sein Streben seiner Familie galt, so opferte er jetzt mitten im Hoffen auf ein Wiedersehen in der Heimat, nach 26 Monaten der Trennung, sein Leben für sein Volk …“ 

 

Dem Haus für immer den Rücken gekehrt

Der Trauer um ihren Ehemann folgte bald für die Kriegswitwe Pauline Nolte und ihren beiden Kindern eine Zeit der Ungewissheit. Ihre Schwägerin Maria, mittlerweile verheirate Bogumil, beanspruchte das alleinige Recht an dem gemeinsam errichteten Heim im Mühlental und obsiegte. Pauline Nolte musste letztlich im Jahr 1951 mit ihren erwachsenen Kindern und Hab und Gut aus dem Haus im Mühlental ziehen. 

 

Im Hause Bogumil erhielten aber bis zu ihrem Sterben das Förster-Ehepaar ihren Alterssitz. Anna Nolte ging ihrem Ehemann am 30. Januar 1954 im Tode voraus. Sie starb an Altersschwäche 81jährig. Der verwitwete Förster a.d. Theodor Nolte (1) starb in Niedereslohe am 23. Oktober 1957 im hohen Alter von 87 Jahren. 

 

Bildbeschreibung:  Im Hintergrund steht das Haus der Familie Nolte im Mühlental. Das Foto von 1957 zeigt die wartenden Sallinghauser, die mit dem Trecker (Otto Feldmann) eine Straßensperre errichten um den Brautwagen aus Lenhausen kommend zu fangen. Die Tradition wurde anlässlich der Vermählung der Eheleute Anton und Johanna Baust gepflegt. 


Endstation: Angekommen in Sallinghausen 

Nachdem Franz Schulte gnt. Schmies aus Sallinghausen (dort geb. am 13.09.1925, gest. daselbst am 16.06.2004) nach altem Brauch bei Pauline Nolte um die Hand ihrer Tochter Eugenie angehalten hatte, errichtete dieser 1950 in Sallinghausen Nr. 10 ein neues Wohnhaus. Dort fanden Mutter und Tochter 1951 nach ihrem Auszug aus Niedereslohe ihr neues Zuhause. 

 

Franz und Eugenie Schulte gingen am 06.04.1953 den Bund der Ehe ein. Am 06.05.1953 folgte die kirchliche Hochzeit. Für Pauline Nolte wurde das Haus ihres Schwiegersohnes für viele Jahre ihr Zuhause. Sie starb Jahre später, am 24.09.1987, an Herzversagen. 

 

Ihr Sohn Theodor (3) war Arbeiter bei der Deutschen Bundesbahn und in einer Rotte beim Gleisbau tätig. Er heiratete Anneliese Kühnel, die am 05.08.1935 geboren wurde. Das Paar wohnte nach ihrer Eheschließung im Mai 1958 im Haus der Familie Friedhelm Schulte gnt. Schmies in Miete, bis es in Sallinghausen Nr. 13 ihr neues Wohnhaus errichtete. Im Dezember 1964 zogen sie mit ihren beiden Töchtern Elisabeth (geb. am 03.03.1959, verh. mit Johannes Hermes, Eversberg, Kinder: Raphael und Karina, Elisabeth starb am 23.05.2007 in Eversberg) und Margareta in ihr neues Heim.  

Sallinghauser Rentner im Frühjahr 1994 (v.l.n.r.:) Josef Sapp, Otto Feldmann, Anton Baust und Theo Nolte (3).
Sallinghauser Rentner im Frühjahr 1994 (v.l.n.r.:) Josef Sapp, Otto Feldmann, Anton Baust und Theo Nolte (3).

Theodor Nolte (3) war ein Unikum, ein Original. Mit ihm erlebte die Nachkriegsgeneration im Dorf viele heitere und gesellige Momente. Wie wichtig war das nach der schweren Zeit des Krieges! Spaß und Freude half über alle Schwierigkeiten und trüben Gedanken hinweg. Bereits von seiner Krebserkrankung gezeichnet, feierte Theo am 25.02.1995 seinen 65ten Geburtstag. 

Gisela Feldmann, meine Mutter, erinnerte sich in ihren Tagebuch-Aufzeichnungen: „Die Dorfbevölkerung nahm regen Anteil an Theos Geburtstag. Er war schon sehr geschwächt. Am 07. April 1995 schlug für Theo die Sterbestunde. Er verstarb im Krankenhaus in Altenhundem. Dort war er ruhig eingeschlafen. Am 12. April haben wir ihn unter großer Anteilnahme beerdigt. So geht einer nach dem anderen …“ 

 

 

Theos Ehefrau Anneliese überlebte ihren Gatten um 25 Jahre. Sie starb am 04.11.2020. Mit ihrem Tod verschwand letztlich der Familienname „Nolte“ aus unserem Dorf, denn Margarethe Nolte, die jüngere Tochter, heiratete am 19.11.1982 den Alfons Schauerte aus Niedersalwey und nahm den Namen ihres Ehemannes an. 

Das Wohnhaus wurde an Wohnfläche erweitert, um Platz für eine junge Familie zu schaffen. Eine neue Generation, die Söhne Dominik und Barnet Schauerte, wurde geboren. Sie sind heute selbst Familienväter und haben ihr Dorf Sallinghausen als dauerhaften Lebensmittelpunkt gewählt. Nun tragen sie mit ihren Kindern dazu bei, dass ein aktives und lebenswertes Dorfleben in Sallinghausen forthin möglich ist. 

 

Generationen der „Familie Nolte“, deren Reise nachweislich in der Köhlersiedlung Föckinghausen begann und vormals über die Stationen Freienohl, Wenne und Niedereslohe führte, haben schon längst hier Heimat gefunden. Sie sind angekommen in Sallinghausen. Die Familie hat ihr Reiseziel erreicht.  


Ich bedanke mich über die wertvolle Unterstützung durch Margarethe Schauerte, geb. Nolte. Sie hütet und wertschätzt eine umfangreiche Bildersammlung, ihrer Vorfahren betreffend. Von ihr erhielt ich Einblick in diese und durfte diese für meine Zwecke verwenden. Auch habe ich Herrn Hermann Nolte, wohnhaft in Föckinghausen 11, Dank zu sagen, der mir am Telefon als Nachkomme der Köhlerfamilie Nolte wichtige Informationen gab, die ich in meinen Aufsatz einfließen lassen konnte.